Johnson macht EU Zugeständnisse

Nordirland soll gemeinsame "regulatorische Zone" mit Irland bilden, die Zollunion jedoch verlassen

Johnson macht EU Zugeständnisse

Der britische Premierminister Boris Johnson hat Brüssel einen Kompromissvorschlag unterbreitet, der den Hardlinern in seiner eigenen Partei nicht gefallen wird. Nordirland verbleibt dabei zwar nicht in der EU-Zollunion, aber mehr oder weniger im gemeinsamen Markt des Handelsblocks. hip London – Der britische Premierminister Boris Johnson hat seinen Vorschlag, wie sich der sogenannte Backstop in der EU-Austrittsvereinbarung ersetzen lässt, auf den Weg nach Brüssel gebracht. Der Backstop soll sicherstellen, dass es durch den Brexit nicht zu einer harten Grenze zwischen Ulster und der Republik im Süden kommt. Arlene Foster, die Chefin der nordirischen Unionisten, auf deren Stimmen im Unterhaus die Tories dringend angewiesen sind, signalisierte bereits ihre Unterstützung. Die Vorschläge seien “völlig konsistent mit Geist und Prinzipien des Karfreitagsabkommens”, sagte sie. “Was wir hören, ist nicht ermutigend und wäre keine Grundlage für eine Übereinkunft”, sagte dagegen der irische Premier Leo Varadkar im Parlament der Republik Irland, noch bevor er den Vorschlag gesehen hatte.”Wir sind zuversichtlich, dass die Vorschläge das Unterhaus und den Brexit-Stillstand beenden könnten”, sagten Greg Hands und Suella Braverman, die Vorsitzenden der Kommission, die sich im Auftrag von Prosperity UK mit alternativen Arrangements für die Grenze auf der Grünen Insel befassten. Es handele sich um einen “sehr vernünftigen und durchdachten Kompromissvorschlag”. Radikalen Brexit-Befürwortern innerhalb der konservativen Partei dürfte die Zustimmung schwerer fallen, denn Johnson schlägt vor, dass Nordirland mehr oder weniger im gemeinsamen Markt der Staatengemeinschaft verbleiben soll.Johnson regt in dem vierseitigen Schreiben an Juncker die Gründung einer die ganze Insel umfassenden “regulatorischen Zone” an, die alle Güter inklusive landwirtschaftlicher Erzeugnisse beinhalten soll. Dazu veröffentlichte die Regierung ein sechsseitiges Papier. Zudem wurden 40 Seiten rechtsverbindlicher Text vorgelegt, der den Backstop ersetzen soll. “Für die Dauer ihres Bestehens würde diese Zone alle regulatorischen Überprüfungen im Güterhandel zwischen Irland und Nordirland beseitigen, indem sie sicherstellt, dass die Regulierung für Güter in Nordirland die gleiche ist wie im Rest der EU”, heißt es im Schreiben Johnsons an Jean-Claude Juncker, den scheidenden Präsidenten der EU-Kommission.Allerdings müssten sämtliche betroffenen Parteien zustimmen. “Das ist von kritischer Bedeutung für die Akzeptanz von Arrangements, unter denen Teile des Vereinigten Königreichs die Regeln einer anderen politischen Einheit anerkennen”, schrieb Johnson. Die nordirische Regionalregierung müsse die Gelegenheit haben, diesen Arrangements zuzustimmen, bevor sie in Kraft treten, also während der Übergangsphase und danach alle vier Jahre. Wenn keine Zustimmung erreicht werden könne, würden die Vereinbarungen hinfällig. Das sollte aus Sicht Johnsons auch für den gemeinsamen Strommarkt auf der Insel gelten. Derzeit gibt es in Nordirland allerdings keine funktionierende Regionalregierung. Sie brach im Januar 2017 zusammen, nachdem sich Foster geweigert hatte, wegen eines Skandals um ein völlig aus dem Ruder gelaufenes Subventionsprogramm für regenerative Energien ihr Amt als First Minister niederzulegen.Nordirland werde nach Ablauf der Übergangsphase dem Zollgebiet Großbritanniens gehören, nicht der Zollunion, heißt es in dem Schreiben. Das würde dem gesamten Vereinigten Königreich nach dem Brexit eine unabhängige Handelspolitik ermöglichen. Der Güterhandel zwischen Nordirland und Irland mache 1 % des gesamten Güterhandels zwischen Großbritannien und dem Handelsblock aus. “Es ist völlig vernünftig, diese Grenze auf andere Weise zu verwalten”, schrieb Johnson. Jegliche Risiken für den EU-Binnenmarkt oder den britischen Binnenmarkt seien handhabbar, insbesondere weil alle Importe aus Drittländern von den britischen beziehungsweise europäischen Zollbehörden kontrolliert würden. “Unsere Vorgänger haben schwierigere Probleme bewältigt, ich bin sicher, wir können dieses lösen”, schrieb Johnson. Ein Scheitern “wäre ein Versagen der Staatskunst, für das wir alle verantwortlich wären”. Neue Zwangspause?Agenturmeldungen zufolge plant Johnson, die Sitzungen des Unterhauses zwischen dem 8. und 14. Oktober auszusetzen – dies wäre der zweite Versuch, das Unterhaus in eine Zwangspause zu schicken.