Johnson schickt Parlament früher nach Hause

Opposition will so schnell keine Neuwahlen - Wirtschaftswachstum beschleunigt im Juli überraschend

Johnson schickt Parlament früher nach Hause

hip London – Der britische Premierminister Boris Johnson hat das Unterhaus qua “Prorogation” schon gestern in die heftig umstrittene Zwangspause geschickt, die erst am 14. Oktober endet. Dabei handelt es sich um eine vorzeitige Beendung der Sitzungsperiode durch ein Machtwort der Queen. Noch bevor die Regierung erneut einen Antrag stellen konnte, um Neuwahlen einzuleiten, hatten die Oppositionsparteien bereits angekündigt, dagegen stimmen zu wollen. Man werde erst zustimmen, wenn die am 31. Oktober endende EU-Austrittsfrist verlängert worden sei, kündigte etwa die Vorsitzende der Liberaldemokraten, Jo Swinson, auf Twitter an. Das Unterhaus hatte vergangene Woche ein Gesetz verabschiedet, dass Johnson zwingen soll, Brüssel um einen Aufschub zu bitten. Der ehemalige Londoner Bürgermeister lehnt dies weiterhin ab. “Die Regierung hält sich an das Gesetz, aber die Regierung wird nicht um eine Verlängerung bitten”, sagte ein Sprecher aus der Downing Street. Die Abgeordneten könnten für Klarheit sorgen, indem sie für Neuwahlen votierten. Das Abstimmungsergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Bercow tritt abSpeaker John Bercow kündigte an, bis spätestens 31. Oktober von seinem Amt zurückzutreten. Die Konservativen wollten – entgegen der Konvention – bei den kommenden Wahlen einen Gegenkandidaten aufstellen. In der zunehmend schriller geführten Brexit-Debatte drohte der ehemalige Generalstaatsanwalt Dominic Grieve dem Premier mit einer Gefängnisstrafe, sollte Johnson sich weigern, einen Bittgang nach Brüssel zu unternehmen. Die Regierung will den Supreme Court dazu entscheiden lassen. In den kommenden Wochen dürften Rechtsstreitigkeiten rund um den Brexit die Schlagzeilen bestimmen.Das Kabinett beginnt derweil abzubröckeln. Die Arbeits- und Rentenministerin Amber Rudd legte ihr Amt am Wochenende überraschend nieder. Zur Begründung führte sie den Ausschluss von 21 Abgeordneten aus der Fraktion an, die gegen die Regierung gestimmt hatten, um das Gesetz durchzupeitschen, mit dem die weitere Fristverlängerung erzwungen werden soll. Nordirlandminister Julian Smith wird von den Medien als Wackelkandidat gehandelt. Nicky Morgan, die Vorsitzende des Finanzausschusses, stellte sich unterdessen hinter Johnson. Sie werde ihm die nötige Unterstützung geben, um einen Deal zu erreichen, schrieb die Ministerin für Digitales, Kultur, Medien und Sport in einem Gastbeitrag für die “Daily Mail”. Es sei richtig, “No Deal” nicht vom Tisch zu nehmen. “Es ist nicht verwunderlich, dass die Menschen erschöpft und verärgert sind”, schrieb die ehemalige Befürworterin eines Verbleibs. “Ich teile diese Frustration. Sie haben vor drei Jahren für den Austritt gestimmt, und es ist unsere Pflicht, dieses Ergebnis zu liefern.”Wie das Statistikamt ONS mitteilt, ist das britische Bruttoinlandsprodukt dank guter Geschäfte der Dienstleistungsbranche im Juli um 0,3 % gewachsen. Volkswirte hatten lediglich einen Zuwachs von 0,1 % auf der Rechnung. Das Nationale Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung (NIESR) rechnet für das laufende Quartal nun mit einem Wachstum von 0,3 %. – Personen Seite 16