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Jörg Hofmann 60

lz - Der Wechsel an der Spitze der Industriegewerkschaft Metall vor wenigen Wochen verlief unspektakulär und streng dem gewerkschaftlichen Comment entsprechend: Der vorherige Zweite Vorsitzende Jörg Hofmann beerbte den Ersten Vorsitzenden Detlef...

Jörg Hofmann 60

lz – Der Wechsel an der Spitze der Industriegewerkschaft Metall vor wenigen Wochen verlief unspektakulär und streng dem gewerkschaftlichen Comment entsprechend: Der vorherige Zweite Vorsitzende Jörg Hofmann beerbte den Ersten Vorsitzenden Detlef Wetzel. Beide hatten in ihrer Zeit vor diesem Amt aufsehenerregende Tarifabschlüsse unter Dach und Fach bringen können und sich insofern den Respekt der Kollegen, aber auch der Arbeitgeber erkämpft. Es steht also kein Kurswechsel bei der IG Metall an, und man braucht auch keine tarifpolitischen Irritationen befürchten.Wie zur Bestätigung, dass ein traditioneller Gewerkschaftskämpe auf den anderen folgt, wurde dieser Tage auch gleich eine Einigung in der Stahlindustrie verkündet: 2,3 % mehr Lohn, Laufzeit 16 Monate. Das setzt der ohnehin unter Druck stehenden Stahlindustrie zwar gehörig zu, die große Aufregung aber ist ausgeblieben. Auch das ist als Signal zu verstehen, dass sich die Tarifparteien in der “alten Industrie” eigentlich ganz gut aufeinander eingestimmt haben und wissen, wie weit man gehen kann.In seiner Zeit im Dauerpilotbezirk Baden-Württemberg galt Hofmann denn auch als “der” Tarifexperte schlechthin, bohrte gemeinsam mit seinem damaligen Mentor Berthold Huber, dem damaligen IG-Metall-Chef, zahlreiche dicke Bretter: Altersteilzeit, Arbeitszeitkonten, Sonderregeln für ertragsschwache Unternehmen im “Pforzheimer Abkommen”, eine komplett neue Entgeltsystematik (ERA) für die gesamte Metall- und Elektroindustrie und die tarifliche Absicherung von Leiharbeitern. Wegen seines fairen Verhandlungsstils und seiner Offenheit für Argumente aus den Unternehmen genießt Hofmann auch unter den Unternehmern hohes Ansehen. Er habe stets die Gesamtwirtschaft im Blick, loben etwa die Arbeitgeber von Südwestmetall.Das erworbene Vertrauenskapital wird er im neuen Amt brauchen, wo er ebenfalls bereits einige “dicke Bretter” anbohren will: Es geht um die digitale Zukunft der Industrieproduktion und den Kampf gegen prekäre Beschäftigung, aber auch um die Arrondierung der Zuständigkeiten der Gewerkschaft über die ganze Wertschöpfungskette der Branche hinweg. Das hat ihm schon Ärger bei den Kollegen von Verdi eingebracht, die für manche Sektoren ihre Zuständigkeit reklamieren. Die Digitalisierung bricht auch hier Grenzen auf.Am Donnerstag feiert Hofmann seinen 60. Geburtstag.