Kämpfernatur Ottilie Klein
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„I love Mitte“ – damit zieht Ottilie Klein in den Bundestagswahlkampf. „Mein Kampagnenslogan ist als Verbundenheit zum Wahlkreis Berlin-Mitte wie auch zur politischen Mitte zu verstehen – also eine Politik, die Freiheitsliebe mit wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Verantwortung verbindet“, sagt die 37-jährige CDU-Politikerin. Klein ist eine Kämpfernatur, und dies nicht nur weil die Kampfsportart Kickboxen zu ihren Leidenschaften zählt. Als Abteilungsleiterin verantwortet sie beim Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) den Bereich Strategie und Verbandsentwicklung. Der Weg dorthin war keineswegs vorgezeichnet. Am Anfang steht eine Migrationsgeschichte.
Die Eltern verließen zu Beginn der 1980er Jahre unter großen Schwierigkeiten die Sowjetunion, stießen aber in der DDR auf neue Widerstände. 1983 gelang die Ausreise in den Westen. Im Schwarzwald starteten die Eltern wieder bei null. Klein ist dort wenige Monate später geboren. Dem unerschütterlichen Mut ihrer Eltern und Deutschlands durchlässiger Gesellschaft schreibt sie es zu, dass sie ihre Potenziale entfalten konnte: mittlere Reife, Abitur auf dem Wirtschaftsgymnasium, Studium der Geschichte, Politik- und Literaturwissenschaft in Bonn, den USA und Oxford, Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes, Promotion binational in Gießen und Helsinki. Berufliche Stationen folgten im Wissenschaftsmanagement und in der Politik. In den Finanzsektor gelangte sie über den VÖB.
Ottilie Klein ist verheiratet, lebt in Berlin-Moabit und fühlt sich dort verwurzelt – einem bunten Stadtteil mit einer Mischung aus hochkarätiger Kunst und bodenständigem Handwerk, mit Start-up-Gründern, turbulenten Einkaufsmeilen, türkischen Hochzeitsläden und arabischen Straßenrestaurants – ein Ort großer Gegensätze und sozialer Unterschiede. Sicherheit, bezahlbares Wohnen, gute Arbeit und Integration sind ihre politischen Schwerpunkte. Mitte ist der Bezirk mit der höchsten Kriminalitätsrate. In keinem anderen Bezirk sind die Mieten höher. Viele Menschen leben von Sozialleistungen und geringem Einkommen. „Deshalb liegt mein Augenmerk auf der Schaffung von Arbeitsplätzen“, sagt Klein. Chancengerechtigkeit ist ihr besonders wichtig. „Erfolg darf nicht von der sozialen Herkunft abhängen. Dafür stehe ich auch mit meiner Biografie.“
In Berlin-Mitte spricht jedes fünfte Einschulkind kein Deutsch. MINT-Förderung – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – könne entscheidend zu mehr Chancengerechtigkeit beitragen, ist Klein überzeugt. „Neben Themen wie Sustainable Finance, Digitalisierung der Finanzbranche und Start-up-Finanzierung setze ich mich besonders für die Finanzbildung von Kindern und Jugendlichen ein.“ Das Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge sei essenziell für beruflichen, aber auch persönlichen Erfolg.
Den Wahlkreis Berlin-Mitte gewann direkt 2017 die SPD-Kandidatin – mit etwas Vorsprung in einem engen Rennen vor Linker, CDU und Grünen. 2021 sind alle Kandidaten dort neu, bis auf Beatrix von Storch (AfD), die bereits im Bundestag sitzt. Selbst wenn Ottilie Klein im Herbst den Wahlkreis Mitte nicht erobert, verspricht Platz 3 auf der CDU-Landesliste ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit den Einzug in den Bundestag.