CORONA

Kakophonie in der Pandemie

Jens Spahn weiß, worauf es neben den "AHA"-Regeln für Abstand, Händewaschen und Alltagsmasken bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie ankommt. Das zusätzliche A für Corona-App und das L für Lüften, die der Gesundheitsminister zu Beginn der kalten...

Kakophonie in der Pandemie

Jens Spahn weiß, worauf es neben den “AHA”-Regeln für Abstand, Händewaschen und Alltagsmasken bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie ankommt. Das zusätzliche A für Corona-App und das L für Lüften, die der Gesundheitsminister zu Beginn der kalten Jahreszeit mit in die Buchstabensuppe gerührt hat, werden es allein jedenfalls nicht richten. “Unser höchstes Gut in dieser Pandemie ist die Akzeptanz der Bevölkerung für das, was wir tun”, sagte Spahn am Donnerstag bei einer eilig angesetzten Pressekonferenz zur “Corona-Lage im Herbst”, an der unter anderem auch der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, teilnahm. Kurz zuvor hatten die jüngsten Daten des RKI, dem erstmals seit Anfang April innerhalb von 24 Stunden wieder mehr als 4 000 Neuinfektionen in Deutschland gemeldet wurden, nicht nur das Gesundheitsministerium aufgeschreckt.Die hohe Akzeptanz für die Corona-Maßnahmen in der Bevölkerung und das Vertrauen in die handelnden Institutionen zählen auch nach Einschätzung von Wieler zu den entscheidenden Faktoren dafür, dass Deutschland bisher vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen ist. Mehr als 80 % der Bevölkerung hierzulande hielten sich an die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden, sagte der RKI-Chef mit Verweis auf entsprechende Erhebungen. Das ist ein Erfolg, den sich die Exekutive in den vergangenen Monaten über weite Strecken mit klarer und transparenter Krisenkommunikation erarbeitet hat.Doch auch hier gilt mit Blick auf den Herbst, das bisher Erreichte nicht aufs Spiel zu setzen. Denn während die Zahl der Neuinfektionen steigt, schwillt vor allem in den Ländern eine Kakophonie unterschiedlicher Maßnahmen an, die das Vertrauen und die Akzeptanz der Bevölkerung immer wieder neu auf die Probe stellt. Jüngstes Beispiel waren die zunächst stark variierenden Regeln zur Beherbergung von Reisenden aus innerdeutschen Risikogebieten.In den vergangenen Wochen haben die Entscheidungsträger genug über das Virus gelernt, dass jetzt lokal angepasste Regelungen getroffen werden können, statt alle Regionen über einen Kamm scheren zu müssen, um die Pandemie in Schach zu halten. Die politische Umsetzung und die Kommunikation als stete Überzeugungsarbeit, den differenzierteren Regeln Folge zu leisten, müssen mit dieser Entwicklung unbedingt Schritt halten. Sonst droht in diesem Herbst mit der Akzeptanz für das Regierungshandeln auch der Kampf gegen die zweite Infektionswelle verloren zu gehen.