Berlin-Wahl

Kampf ums Rote Rathaus

Der Kampf um das Rote Rathaus in Berlin geht nach der Wiederholungswahl von 2021 nun erst los. Bei der Regierungsbildung zählt nun Verhandlungsgeschick, nicht Mathematik.

Kampf ums Rote Rathaus

Nach der Wiederholungswahl für das Berliner Abgeordnetenhaus ist das Problem größer als vorher. Immerhin, die Wahl scheint nach der Pannen-Abstimmung von 2021 zwar gelungen, die Regierungsfrage aber ist offen. Der Kampf um das Rote Rathaus geht jetzt erst los.

Rot-Grün-Rot mit der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) würde gern weitermachen. Die SPD fuhr nach erneuten Verlusten jedoch ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis ein und landete auf Platz zwei – abgeschlagen um zehn Prozentpunkte hinter dem Wahlsieger CDU. Vom grünen Koalitionspartner mit der amtierenden Umweltsenatorin Bettina Jarasch an der Spitze trennt die Berliner SPD nur ein hauchdünner Vorsprung von 105 Stimmen.

Von so einem klaren Wahlsieg hatte die CDU nicht zu träumen gewagt. Den Sprung um rund zehn Punkte auf 28% hat sie kaum dem wenig charismatischen Spitzenkandidaten Kai Wegner zu verdanken, sondern ihrer neuen Rolle als Protestpartei. Zuwächse verzeichneten die Konservativen in der Hauptstadt vor allem von Wählern, die mit dem linken rot-grün-roten Bündnis unzufrieden waren.

Giffey sprach am Wahlabend offen aus, was auf der Hand liegt: Es kann nicht so bleiben wie es ist. Das haben die Berliner an den Urnen unmissverständlich klar gemacht. Dabei sieht es in Berlin wirtschaftlich nicht so schlecht aus. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts war 2022 höher als im Bundesdurchschnitt. Dies lag am großen Gewicht der Dienstleistungsbranchen in der Hauptstadt, die sich nach der Corona-Pandemie wieder erholten. Der Senat hat für die Jahre 2022/23 einen Doppelhaushalt vorgelegt, der ohne Neuverschuldung auskommt. Wer allerdings einen Pass in Berlin benötigt oder eine Wohnung sucht, kann sich auf monatelanges Warten oder Suchen einstellen. Nach außen hat Rot-Grün-Rot zudem ein Bild der Zerstrittenheit geliefert.

Dennoch ist es keineswegs ausgemacht, dass der Wahlsieger Kai Wegner auch als Regierender Bürgermeister ins Rote Rathaus einziehen wird. Er benötigt die SPD oder die Grünen für eine Koalition. Damit hätte er eine stabile Mehrheit von 86 Stimmen im Abgeordnetenhaus. Rot-Grün-Rot läge mit 90 Stimmen nur unwesentlich darüber. Das Landesparlament zählt mit Überhang- und Ausgleichsmandaten 159 Sitze.

Es ist jetzt keine Frage der Mathematik, sondern von Verhandlungsgeschick, wem es gelingt, in Berlin eine Regierung zu bilden. Giffey sieht sich bereits mit höheren Forderungen der Grünen konfrontiert, weil die Ökopartei weniger stark einbüßte als die SPD und den Abstand nivellierte. Giffey verlor zudem ihr Direktmandat an die CDU. Die Verliererin muss zwischen Machtanspruch und Glaubwürdigkeit entscheiden. Letztere zahlt sich auch in der Politik aus. Wegner ging 2021 vom Bundestag ins Abgeordnetenhaus – ohne Rückfahrkarte.

Eine Koalition mit der FDP, die Giffey 2021 lieber geführt hätte, als Rot-Grün-Rot auf Drängen der Grünen fortzusetzen, ist keine Option mehr. Die Liberalen schafften die Fünf-Prozent-Hürde nicht. In der Ampel im Bund sind nun mehr Spannungen programmiert. Es ist der dritte Landtag, aus dem die FDP in kürzester Zeit fliegt. Die Liberalen brauchen mehr Profil, wenn sie diesen Trend stoppen wollen.

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