DAS EZB-URTEIL DES BUNDESVERFASSUNGSGERICHTS

Karlsruher Entscheidung sorgt für gespaltene Reaktionen

Draghi fühlt sich bestätigt - Rechtssicherheit begrüßt

Karlsruher Entscheidung sorgt für gespaltene Reaktionen

Die Reaktionen auf das OMT-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) fielen erwartungsgemäß recht unterschiedlich aus. EZB-Präsident Mario Draghi etwa sagte, das OMT-Programm habe den Zusammenhalt der Eurozone gesichert. Die Zentralbank habe immer argumentiert, dass dies innerhalb des Mandats der EZB fallen würde. Das sei vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) bestätigt worden und heute auch vom BVerfG: “Wir nehmen das zur Kenntnis.”In Brüssel waren vor allem positive Stimmen zu hören. Die EU-Kommission begrüßte, dass das BVerfG die Entscheidung des EuGH vom 16. Juni 2015 in der Substanz bestätigt habe. Die EZB handele im Rahmen ihres Mandats wie im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehen. “Die Europäische Kommission respektiert die Unabhängigkeit der EZB und steht voll und ganz hinter der EZB bei der Ausübung ihres Mandats.”Für Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, ist das Urteil “eine gute Nachricht für Europa”. Die EU könne nur als Rechtsgemeinschaft funktionieren, wenn der EuGH das letzte Wort über europäisches Recht habe.Der erste stellvertretende Vorsitzende des Währungsausschusses im Europäischen Parlament, Markus Ferber (CSU), betonte, dass die Arbeit der EZB nur erfolgreich sein werde, “wenn sie unabhängig agieren kann, effektive Instrumente zur Hand hat, diese aber mit Bedacht einsetzt”, so Ferber. Für den Alfa-Europaabgeordneten Bernd Lucke hat das BVerfG mit der Entscheidung “die ständig mächtiger werdende und ihren Herrschaftsanspruch ausdehnende EZB der demokratisch legitimierten Kontrolle entzogen”. *In Berlin fielen die Reaktionen auf die Entscheidung aus Karlsruhe unterschiedlich aus. Für die Bundesregierung hat das Urteil klargestellt, dass der EuGH in erster Linie für die Überprüfung des Mandats der EZB zuständig ist. “In dieser Rechtsauffassung fühlen wir uns bestätigt”, erklärte Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU). Der Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus begrüßte die neu gewonnene Rechtssicherheit über die Grenzen des Mandats der EZB. Zugleich kündigt er an: “Wir werden weiterhin die Einhaltung des EZB-Mandats, ihre Entscheidungen und deren Auswirkungen beobachten.” Die EZB müsse sich wie jede unabhängige Institution kritische Fragen gefallen lassen.Die Grünen im Bundestag werteten die Entscheidung als guten Schritt aus juristischer Sicht. Es sei richtig vom Bundesverfassungsgericht gewesen, den EuGH einzuschalten, machten Manuel Sarrazin, Sprecher für Europapolitik, und Renate Künast, Vorsitzende des Rechtsausschusses, deutlich. Aus dieser Premiere im Rechtsprechungsdialog sei die europäische Rechtsgemeinschaft gestärkt hervorgegangen.Für FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing verdeutlicht die Entscheidung “noch einmal die Dimension des Versagens der Regierungen in der Eurokrise”. Allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte er dafür verantwortlich. Dass sich das Bundesverfassungsgericht mit Anleihenkäufen der Notenbank beschäftigen müsse, zeige, wie sehr die EZB von der Bundesregierung in einen “rechtlichen Graubereich” manövriert worden sei. AfD-Vorstandsmitglied Alice Weidel sprach von einer “vertanen historischen Chance”. Das Bundesverfassungsgericht sei hinter seinen Möglichkeiten “sträflich zurückgeblieben”. Die deutschen Steuerzahler müssten nun für die Vergemeinschaftung der Schulden und die “gigantische Umschichtung” von Nord nach Süd aufkommen. *”In Italien sind die Klagen gegen die EZB-Geldpolitik kaum wahrgenommen worden. So hat auch das Urteil – da es positiv ausgefallen ist – kein großes Echo gehabt. Meiner Meinung nach wirkt sich das Urteil des Verfassungsgerichts nicht nur positiv auf das Image und die Strategie der EZB, sondern auch auf die öffentliche Meinung in Deutschland aus”, sagte der Präsident von Unicredit, Giuseppe Vita, der Börsen-Zeitung. “Draghi hatte Recht”, so fassen die italienischen Medien in kurzen Berichten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zusammen. Grundsätzlich herrscht große Genugtuung darüber, dass das Gericht Klagen gegen das Anleihenkaufprogramm der EZB, das in Italien als “Anti-Spread-Plan der EZB” bezeichnet wird, zurückgewiesen hat.—-Zusammenstellung: wf, ba und tkb.