Kartellsünder füllen EU-Kasse mit 3,7 Mrd. Euro

Strafen so hoch wie in den drei Vorjahren zusammen

Kartellsünder füllen EU-Kasse mit 3,7 Mrd. Euro

ahe Brüssel – Die EU-Wettbewerbsbehörde hat im abgelaufenen Jahr Kartellstrafen von mehr als 3,7 Mrd. Euro verhängt. Die Geldbußen haben sich damit gegenüber dem Vorjahr verzehnfacht (siehe Grafik). Insgesamt verlangte die EU-Kommission 2016 von den Kartellsündern somit Strafzahlungen, die so hoch ausfielen wie in den drei Vorjahren zusammen.Mit sechs (Vorjahr: fünf) Kartellentscheidungen lag die Behörde von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager in den vergangenen zwölf Monaten kaum über dem Durchschnitt der zurückliegenden Jahre. Allerdings sorgte der Abschluss der Untersuchungen gegen das langjährige Lkw-Kartell für den außergewöhnlichen Sprung bei den Geldbußen. Wegen Preisabsprachen verdonnerte die EU im Juli MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF zu der Rekordstrafe von insgesamt 2,93 Mrd. Euro. Daimler (1,01 Mrd. Euro) und DAF (753 Mill.) stehen seither ganz oben auf der EU-Liste der größten Kartellsünder. Seit 2008 hatte diesen Platz zuvor Saint-Gobain mit einer Geldbuße von 715 Mill. Euro für eine Beteiligung an einem Autoglas-Kartell belegt.In drei weiteren Fällen verhängte Vestager im vergangenen Jahr Kartellstrafen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich: Im Euro-Zinsderivatekartell wurden im Dezember Geldbußen von 485 Mill. Euro für die drei Banken Crédit Agricole, HSBC und J.P. Morgan Chase fällig, nachdem diese Institute 2013 einem Vergleich nicht zugestimmt hatten – wie es etwa die Deutsche Bank getan hatte. Ebenfalls im Dezember verhängte die EU-Kommission Geldbußen von 166 Mill. Euro gegen die drei Akku-Hersteller Sony, Panasonic und Sanyo wegen unerlaubter Preisabsprachen. Bereits im vergangenen Januar wurden gegen die Autozulieferer Melco und Hitachi Strafen von knapp 138 Mill. Euro ausgesprochen, weil sie sich bei Generatoren und Anlassern abgesprochen hatten. Die zwei übrigen in Brüssel abgeschlossenen Kartellfälle betrafen ein Stahl-Strahlmittel- und ein Pilzkonservenkartell. Hier wurden aber lediglich Strafen im einstelligen Millionenbereich fällig.Die EU-Wettbewerbsbehörde kann bei Kartellbeteiligungen Geldbußen von bis zu 10 % des Jahresumsatzes eines Unternehmens verhängen. Dieser Spielraum wird allerdings kaum ausgereizt. Laut einer EU-Statistik lagen gut 60 % der Strafen in den vergangenen Jahren lediglich im Bereich von 0 bis 0,99 % des Jahresumsatzes. Die Höchststrafe oder zumindest nahezu die Höchststrafe erhielten lediglich knapp 7 % der beteiligten Unternehmen.Auf dem Programm von Vestager im laufenden Jahr stehen im Kartellbereich unter anderem Entscheidungen gegen Gazprom und Google wegen einer möglichen Ausnutzung ihrer Marktmacht sowie das Verfahren gegen Qualcomm.