"Kein Abkommen um jeden Preis"

Die EU dämpft aufkommenden Optimismus für einen Brexit-Deal

"Kein Abkommen um jeden Preis"

ahe Brüssel – Die EU-Staats- und Regierungschefs haben ihren Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier aufgefordert, die Gespräche mit Großbritannien über die künftigen Handelsbeziehungen trotz der bislang unzureichenden Fortschritte weiter fortzusetzen. Sie appellierten zugleich an London, “die notwendigen Schritte zu unternehmen, um eine Einigung zu ermöglichen”, wie es in einer gestern verbreiteten Gipfelerklärung hieß.Führende EU-Vertreter wie etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron oder auch EU-Parlamentspräsident David Sassoli betonten in Brüssel allerdings auch unisono, es werde “kein Abkommen um jeden Preis” geben. Es müsse eine faire Verständigung geben, von der beide Seiten profitieren könnten, sagte Merkel. Macron verwies darauf, dass die EU auch für einen No Deal bereit sei. Er zog zugleich klare rote Linien für die weiteren Verhandlungen: So könne eine Vereinbarung nicht bedeuten, dass die Interessen der französischen Fischer geopfert würden. Zudem müssten gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Großbritannien und der EU sichergestellt werden. An den Grenzen dürfe kein Umwelt- oder Sozialdumping entstehen, so Macron.Der britische Premier Boris Johnson hatte zuvor angekündigt, er wolle erst nach dem EU-Gipfel entscheiden, ob die Verhandlungen fortgesetzt würden. Großbritannien hatte die EU Ende Januar verlassen, ist aber noch bis Jahresende Mitglied des Europäischen Binnenmarkts und der Zollunion. Ein möglicher Handelsvertrag müsste bis zum Ende dieser Übergangsperiode ratifiziert sein. Nur noch kurze FristDas EU-Parlament bekräftigte gestern, bis spätestens Ende Oktober müsse ein unterschriftsreifer Vertrag vorliegen. In der EU-Kommission hieß es, auch ein Abschluss Mitte November sei noch rechtzeitig umsetzbar. Die Staats- und Regierungschefs forderten die EU-Kommission gestern auf, auch noch einmal rechtzeitig über “einseitige und zeitlich begrenzte Notfallmaßnahmen” nachzudenken für den Fall eines No Deal.”Der Ausgang der Verhandlungen ist nach wie vor völlig ungewiss”, stellte David McAllister fest, der Vorsitzende der UK-Koordinierungsgruppe im EU-Parlament. Der Chef des Handelsausschusses, Bernd Lange, bekräftigte noch einmal, die EU werde “bis zur letzten Minute” verhandeln. Lange schätzte die Chancen einer Einigung auf derzeit 40 zu 60 ein. Er sei damit schon etwas optimistischer geworden.Auch an den Märkten war zuletzt die Hoffnung gestiegen, dass es doch noch zu einer Verständigung zwischen Brüssel und London kommen kann. Die aktuellen Differenzen seien “überwindbar”, erklärte etwa der internationale Chefökonom von Unicredit, Daniel Vernazza. Beide Seiten wollten ein Abkommen. – Kommentar auf dieser Seite