EZB

Kein Vollkasko

An schlauen Ideen, was die Europäische Zentralbank (EZB) nicht noch so alles machen könnte, hat es Europas Politikelite noch nie gemangelt. Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy etwa wollte sie einst in bester französischer Tradition darauf...

Kein Vollkasko

An schlauen Ideen, was die Europäische Zentralbank (EZB) nicht noch so alles machen könnte, hat es Europas Politikelite noch nie gemangelt. Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy etwa wollte sie einst in bester französischer Tradition darauf verpflichten, sich stärker ums Wachstum statt “nur” um stabile Preise zu kümmern. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy wollte sie gar gleich dem Kampf gegen sämtliche wirtschaftlichen Ungleichgewichte in Euroland verschreiben. Und Italien wünscht sich in (un)schöner Regelmäßigkeit eine aktive Wechselkurs-, ergo: Abwertungspolitik wie einst in Bella Italia. Die Wunschliste ließe sich quasi beliebig fortsetzen – getreu dem Motto: Wer hat noch nicht, wer will noch mal.Aus Rom kommt jetzt auch der neueste Vorstoß, der in der Kategorie Absurdität aber ganz neue Maßstäbe setzt: Die EZB solle doch bitte sicherstellen, dass die Renditeabstände von Staatsanleihen der Euro-Länder begrenzt werden, fordert der wirtschaftspolitische Sprecher der rechtsextremen Regierungspartei Lega namens Claudio Borghi – und lässt zugleich alle an seiner Weisheit teilhaben: Zwischen den Schuldtiteln zweier Staaten seien 150 Basispunkte Differenz bei den Renditen ein vernünftiges Maximum. Und um seiner Forderung Gehör zu verleihen, warnt er: Entweder die EZB biete eine solche Garantie – oder der Euro werde zerbrechen.Borghi treibt damit quasi auf die Spitze, wofür EZB-Präsident Mario Draghi anno 2012 mit seinem “Whatever it takes”-Versprechen und dem Staatsanleihekaufprogramm OMT – wenngleich mit anderer Stoßrichtung – quasi die Basis gelegt hat: Die EZB maßte sich damals an, unterscheiden zu können, welche Renditeaufschläge fundamental gerechtfertigt seien – und welche nicht. Da zeigt sich wieder einmal, wie so etwas für die Notenbank langfristig nach hinten losgehen kann. Nichtsdestotrotz ist Borghis Vorstoß so durchsichtig wie irrsinnig.Wenn Rom an all seinen zweifelhaften wie unbezahlbaren Ausgabenplänen festhält, dürften die Märkte den Daumen schnell senken. Schon jetzt warnen viele vor einem “heißen Herbst” in Italien. Da kann es aus Sicht Roms nicht schaden, schon um Hilfe gerufen zu haben – und wenn auch nur, um nachher mit dem Finger auf die böse EZB zu zeigen. Es kann und darf aber nicht Aufgabe der EZB sein, ein Land, das bewusst oder fahrlässig die eigene Zahlungsfähigkeit und/oder die Mitgliedschaft im Euro-Club aufs Spiel setzt, zu alimentieren oder zu halten. Noch schlimmer wäre eine vorab erteilte Renditegarantie: Das wäre eine unverantwortliche Vollkaskoversicherung für irrlichternde Politiken.