BREXIT-ZITTERPARTIE IN SALZBURG

Keine Kompromisse

Die EU will den Binnenmarkt durch den Brexit nicht gefährden - Möglicher Sondergipfel im November

Keine Kompromisse

Die britische Premierministerin Theresa May hat auf dem informellen EU-Gipfel in Salzburg keinerlei Zugeständnisse in Sachen Brexit erreicht. Insbesondere beim künftigen Zugang zum Binnenmarkt und in der Irland-Frage will sich die EU-27 auf keine Kompromisse einlassen. Ein Deal soll allerdings weiterhin in vier Wochen stehen – finalisiert werden könnte er dann auf einem Sondergipfel im November. ahe Brüssel – Die informellen Beratungen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Salzburg haben keinerlei Fortschritte in den Brexit-Verhandlungen gebracht. Alle Beteiligten forderten von der jeweils anderen Seite vergeblich mehr Flexibilität in den Gesprächen, Kompromisse und Zugeständnisse.Die britische Premierministerin Theresa May hatte zum Gipfelauftakt bei einem Abendessen noch einmal klargestellt, dass der sogenannte Chequers-Plan ihrer Regierung “der einzige glaubwürdige und verhandelbare Plan” sei, der eine harte Grenze in Nordirland vermeiden könne und auch dem Willen des britischen Volkes entspreche. Großbritannien habe seine Position weiterentwickelt, nun müsse die EU dies auch tun, forderte May.EU-Ratspräsident Donald Tusk räumte ebenso wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ein, dass die Chequers-Vorschläge auch positive Elemente enthielten, etwa im Bereich der Sicherheitspolitik, dass der Knackpunkt aber der verlangte Zugang zum EU-Binnenmarkt nach dem Brexit sei. “Der hier vorgeschlagene Rahmen für die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird in der Praxis nicht funktionieren – unter anderem weil dadurch der Binnenmarkt aus den Angeln gehoben werden könnte”, sagte Tusk.Und Merkel ergänzte nach Beratungen der EU-27: “Da waren wir uns heute alle einig, dass es in Sachen Binnenmarkt keine Kompromisse geben kann.” In diesem Sinne solle EU-Chefunterhändler Michel Barnier auch weiterhin die Verhandlungen mit London führen.Unterstützung für eine harte Haltung kam auch von anderen Gipfelteilnehmern. Der Zusammenhalt des Binnenmarktes und die Frage der irischen Grenze seien wichtiger als mehr Flexibilität in den Brexit-Verhandlungen, unterstrich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. “Wir haben sehr klare Prinzipien.” Und Belgiens Ministerpräsident Charles Michel ergänzte, der Chequers-Plan führe nicht weit genug, um eine Einigung zu erreichen.Die im Juli veröffentlichten britischen Vorschläge sehen einen privilegierten Zugang zum Binnenmarkt für Güter, aber nicht für Dienstleistungen vor. Die EU-27 sieht dies aber als Rosinenpickerei an und beharrt auf den Erhalt der vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes. Kein Deal ohne Irland-LösungAuch beim zweiten großen Brexit-Streitpunkt, der künftigen Ausgestaltung der irisch-nordirischen Grenze, gab es in Salzburg keine Annäherung. Für Donald Tusk ist eine Verständigung in diesem Punkt unerlässlich, um einen ungeordneten Brexit zu vermeiden: “Wir bestätigen, dass es kein Austrittsabkommen geben wird ohne einen soliden, operativen und rechtsverbindlichen irischen Backstop”, betonte er.Viel Zeit bleibt jetzt nicht mehr, um sich auf eine solche Notfalllösung zu verständigen. Auf dem EU-Gipfel am 18. Oktober in Brüssel sollen weiterhin Ergebnisse auf dem Tisch liegen – zum einen ein fertiges Austrittsabkommen und zum anderen eine politische Erklärung über die künftigen Beziehungen. Tusk sprach von einem “Augenblick der Wahrheit”. Sollte es im Oktober eine Einigung geben, könnte diese nach seinen Worten dann im November finalisiert werden. Erwogen wird in dem Fall dann die Einberufung eines EU-Sondergipfels in Brüssel für das Wochenende 17./18. November.Theresa May kündigte in Salzburg an, ihre Regierung wolle demnächst einen neuen Vorschlag für die Lösung der Irlandfrage nach dem Brexit vorlegen. Den Vorschlag der EU-Kommission, Nordirland solle im Notfall Teil der Zollunion bleiben, lehnte May erneut ab. Großbritannien will neben dem Binnenmarkt auch die Zollunion verlassen. Die Frage nach einer irischen Grenze gilt als schwierigstes Problem bei den Verhandlungen, da befürchtet wird, dass erneute Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland den Konflikt in der ehemaligen Unruheregion wieder anfachen könnten.In anderen Punkten scheinen die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen einfacher. Bundeskanzlerin Merkel verwies unter anderem auf die Hoffnung auf eine sehr enge Kooperation der EU mit Großbritannien im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit. Sie warb zugleich für “Kreativität” in den weiteren Verhandlungen, um praktikable und gute Lösungen zu finden.