EZB

Keine Lösung

Wenn es nicht so ernst wäre, wäre es fast schon wieder komisch. Nach den zweitägigen Beratungen des EZB-Rats sagte EZB-Präsident Mario Draghi gestern doch tatsächlich den Satz: "Wir haben über die Geldpolitik per se nicht diskutiert." Die ohnehin...

Keine Lösung

Wenn es nicht so ernst wäre, wäre es fast schon wieder komisch. Nach den zweitägigen Beratungen des EZB-Rats sagte EZB-Präsident Mario Draghi gestern doch tatsächlich den Satz: “Wir haben über die Geldpolitik per se nicht diskutiert.” Die ohnehin geringen Erwartungen an das Treffen, das mancher Notenbanker am liebsten ganz gestrichen hätte, wurden damit wohl noch einmal unterboten. Das Problem: Eigentlich ist es allerhöchste Zeit für eine intensive Debatte über die Strategie zur weiteren Normalisierung der Geldpolitik. So fällt die Europäische Zentralbank (EZB) nicht nur immer weiter hinter die reale Entwicklung zurück – es steigt auch das Risiko überstürzter Entscheidungen.Dieses Mal also ging es laut Draghi ausschließlich um die jüngste Wirtschaftsentwicklung, speziell die Abkühlung der Euro-Konjunktur. Tatsächlich gibt es da viel zu diskutieren, allen voran den globalen Handelsstreit. Positiv zu vermerken ist, dass sich die Euro-Hüter zwar vorsichtiger zeigten, aber die Lage auch nicht dramatisierten. Sie blieben im Grunde bei dem Basisszenario, dass die Wirtschaft robust wächst und die Inflation in Richtung des 2-Prozent-Ziels steigt. Dann aber gilt es umso mehr, sich für diesen Fall zu wappnen und nicht Diskussionen zu unterdrücken. Wenn die EZB nun zunächst die Entscheidung über ihre Anleihekäufe immer weiter in die Zukunft verschiebt, lullt sie nur die Märkte ein und weckt Erwartungen, die sie dann am Ende wieder nicht enttäuschen will. Kaum jemand, nicht einmal die Hardliner im Rat wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann, plädieren aktuell für schnelle Zinserhöhungen oder eine restriktive Geldpolitik. Aber die Käufe sind immer mehr aus der Zeit gefallen. QE forever ist sicher nicht die Lösung für die Probleme in Euroland.Die Mehrheit im Rat scheint derzeit den Ausstieg lieber zu spät und zu vorsichtig angehen zu wollen. Eine solche Strategie ist aber mindestens so riskant wie ein zu früher und zu zaghafter Ausstieg. Sicher, niemand erwartet aktuell, dass die Inflation auf absehbare Zeit aus dem Ruder läuft. Aber es sollte auch niemand denken, dass die Inflation auf alle Zeit tot ist. Selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt inzwischen vor der Möglichkeit eines unerwartet starken Preisanstiegs. Genauso schwer wiegt die zunehmende Gefahr finanzieller Exzesse durch eine zu lange zu expansive Geldpolitik. Die Notenbanker dürfen solche Risiken irgendwann nicht mehr komplett ignorieren und nicht alle Verantwortung auf die makroprudenzielle Aufsicht abladen. Die Weltfinanzkrise war da doch eigentlich eine ebenso eindrückliche wie schmerzhafte Lektion.