Kleine Insel, große Aufgabe

Brexit und Flüchtlingskrise im Fokus von Maltas erster EU-Ratspräsidentschaft

Kleine Insel, große Aufgabe

Mit Malta hat in der EU jetzt das kleinste Mitgliedsland die Ratspräsidentschaft übernommen – für ein Halbjahr, das mit wichtigen Wahlen und dem Start der Brexit-Verhandlungen entscheidende Weichenstellungen beinhaltet. Wirtschaftsthemen sind auf der maltesischen Agenda allerdings nur wenige zu finden.Von Andreas Heitker, BrüsselEs gehört zu den kleinen Absurditäten am Rande, dass ausgerechnet unter erster EU-Ratspräsidentschaft von Malta die Brexit-Verhandlungen zwischen Brüssel und London anlaufen – ist der Inselstaat doch erst seit gut 50 Jahren unabhängig von Großbritannien und erst seit 2004 Mitglied in der Europäischen Union. Maltas sozialdemokratischer Ministerpräsident Joseph Muscat hat bereits angekündigt, sein Land wolle in seiner ersten Ratspräsidentschaft überhaupt vor allem als “Brückenbauer” fungieren. Auf die anstehenden Scheidungsgespräche der EU mit Großbritannien dürfte dies allerdings keine großen Auswirkungen haben. Denn die Ratspräsidentschaft wird ebenso wie das Europaparlament zunächst nur einen beobachtenden Status im Brexit-Prozess erhalten. Die Federführung seitens der EU hat hier ganz klar der Chefunterhändler der EU-Kommission, der Franzose Michel Barnier.Ob Malta nach den anstehenden Wahlen in den Niederlanden und Frankreich als Brückenbauer gefragt ist, wird sich zeigen. Das Land will sich aber zunächst einmal darauf konzentrieren, beim Thema Flüchtlingspolitik eine neue gemeinsame Linie in der EU zu finden. Durch seine Lage im Mittelmeer hat das Land ja auch einen ganz anderen Zugang zu dem Thema und ganz andere Erfahrungen mit Migrationsströmen gesammelt als etwa die Slowakei, die die EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2016 ausgeübt hat. Die Zahl der Asylbewerber in Malta liegt schon lange bei 5 % der Bevölkerung pro Jahr und damit in einer ganz anderen Größenordnung als etwa in Deutschland.Muscat hat als Ziel vorgegeben, die längst beschlossene Umsiedlung von 160 000 Migranten nun endlich umzusetzen und zugleich das Dublin-Verfahren zu modernisieren. Auch sollen – wie schon im Dezember auf dem letzten Gipfel der Staats- und Regierungschefs beschlossen – weitere Abkommen mit afrikanischen Staaten helfen, die Flüchtlingskrise einzudämmen.Weitere Themen auf der maltesischen Agenda sind, bereits gestartete Initiativen für mehr Sicherheit und eine Stärkung des Binnenmarktes fortzuführen. Finanzthemen haben keine große Priorität. Allenfalls die Kapitalmarktunion findet noch Aufmerksamkeit. Dabei geht es darum, kleinen und mittleren Unternehmen ein breiteres Spektrum an Finanzierungsquellen zu schaffen. Auch die Ausweitung des EU-Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) hat sich Malta dabei auf die Fahnen geschrieben.