HANDELSSTREIT

Kluge Krieger

Der klügste Krieger ist der, der niemals kämpfen muss, wusste vor 2 500 Jahren schon der chinesische General Sunzi. Auch US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben diese Maxime vertreten, als sie einen...

Kluge Krieger

Der klügste Krieger ist der, der niemals kämpfen muss, wusste vor 2 500 Jahren schon der chinesische General Sunzi. Auch US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker haben diese Maxime vertreten, als sie einen Handelskrieg in letzter Minute abgewendet haben. Zwar mussten beide Parteien Zugeständnisse machen: Die von Trump ins Auge gefassten Autozölle sind vorerst vom Tisch. Dafür versprach die EU, künftig mehr Sojabohnen und Flüssiggas aus den USA zu importieren. So konnten beide Seiten ihr Gesicht wahren – vor allem Trump, der wegen seiner Zollpolitik zu Hause deutlich in die Kritik geraten war. Ist der Handelspakt nun der Befreiungsschlag für den Freihandel, den sich alle so sehnlichst wünschen? Wohl kaum. Vielmehr ist es eine Annäherung, um beim Abbau transatlantischer Zölle, Handelsschranken und Subventionen voranzukommen. Diesen Versuch gab es bereits im Rahmen des Freihandelsabkommens TTIP, und jeder weiß, wie der ausgegangen ist. Frankreich warnte nun bereits, dass im Agrarsektor nicht verhandelt werde. Auch andere wichtige Bereiche wie Autos wurden von den Verhandlungen ausgeklammert und können von Trump weiter als Druckmittel missbraucht werden. Der Kompromiss ist für den US-Präsidenten eine Bestätigung, dass man den Partnern nur lange genug die Pistole auf die Brust setzen muss, um ihnen Zugeständnisse abzuringen. Diese Verhandlungsmethode ist gefährlich für die Europäer, insbesondere für Deutschland, das Trump aufgrund seiner niedrigen Verteidigungsausgaben und hohen Exportüberschüsse weiter als einen der größten Plünderer des “Sparschweins” Amerika ansieht. Trotzdem war es richtig von den Europäern, sich auf einen Deal mit Trump einzulassen. Es ist positiv, dass beide Parteien nun wieder über mehr statt über weniger Freihandel reden und der Dialog die Konfrontation ersetzt. Die Europäer sollten nun aber zügig handeln und den gemeinsamen Versprechungen, allen voran der Reform der Welthandelsorganisation WTO, Taten folgen lassen. Die Welt braucht weniger bilaterale Deals, die meist zulasten der Schwächeren gehen, sondern mehr faire multilaterale Abkommen, die aktuelle Themen wie den Dienstleistungshandel und erzwungenen Technologietransfer aufgreifen. Auch sollte Europa seine eigene Nord-Süd-Spaltung im Freihandel angehen. Überschussländer wie Deutschland müssen mehr investieren, andere Länder ihre Produktivität steigern. Nur so kann Europa auch in Zukunft vereint in Verhandlungen gehen und dem Protektionisten Trump die Stirn bieten.