Koalition legt beim Anlegerschutz nach

Abfindungsangebot bei jedem Delisting wird Pflicht

Koalition legt beim Anlegerschutz nach

Reuters Berlin – Die große Koalition legt beim Schutz von Kleinanlegern im Falle eines Börsenrückzugs von Unternehmen noch einmal nach. Nach Angaben aus dem Regierungsbündnis vom Montag soll den Aktionären bei einem Delisting auf jeden Fall ein Abfindungsangebot für ihre Papiere gemacht werden müssen. Die bisherigen Pläne hatten noch eine Ausnahme vorgesehen, falls ihnen zuvor bereits ein Übernahmeangebot gemacht worden war (vgl. BZ vom 8. September). Die Abfindung soll sich außerdem am Durchschnittskurs der letzten sechs Monate orientieren und nicht mehr nur am Drei-Monats-Durchschnitt.Die Finanzexperten von Union und SPD gehen damit auf die Kritik von Anlegerschützern ein, die die bisherigen Pläne der Koalition als nicht ausreichend kritisiert hatten. Die Änderungen am Börsengesetz sollen kommende Woche im Finanzausschuss des Bundestages beraten werden.Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) können sich Unternehmen seit knapp zwei Jahren ohne weiteres von der Börse verabschieden, wenn sie das für richtig halten, etwa weil ihnen die Börsennotiz nichts mehr nutzt oder zu teuer ist. Kleinaktionäre können ihre Aktien zwar behalten, haben es aber außerhalb der Börse deutlich schwerer, sie später zu verkaufen.Nun reagiert die Politik: Zieht sich das Unternehmen von der Börse zurück, müssen die Aktionäre auf jeden Fall die Chance haben, sich von ihren Papieren trennen zu können. Ursprünglich hatte die Koalition noch eine Ausnahme vorgesehen, nämlich in dem Fall, dass dem Delisting ein Übernahmeangebot vorausgegangen war. Damit sollten Investoren wie Hedgefonds ausgebremst werden, die nicht auf das Übernahmeangebot eingegangen waren, weil sie auf eine höhere Abfindung beim Börsenrückzug hofften.Diese Ausnahme sei nun nicht mehr vorgesehen, sagte ein Insider. Aktionärsschützer hatten sie als “Verschlimmbesserung” kritisiert. Denn mit der Drohung, dass die Aktien später nicht mehr handelbar seien, könnten Kleinanleger genötigt werden, ihre Aktien bei einer Übernahme zu verkaufen, auch wenn sie das Angebot für zu niedrig hielten. In Koalitionskreisen hieß es, außerdem solle vorgeschrieben werden, dass die Abfindung in bar erfolgen müsse und nicht in anderen handelbaren Wertpapieren. Die Neuregelung der Delisting-Regeln solle zudem in zwei Jahren überprüft werden, hieß es. Vor der nächsten Sitzung des Finanzausschusses sind noch Änderungen an den Koalitionsplänen möglich.