NOTIERT IN MADRID

König Felipe kämpft gegen das Virus der Korruption

Am Montag liefen in den spanischen Fernsehnachrichten vertraute Bilder aus der "alten Normalität", also aus der Zeit, bevor die Meldungen über neue Corona-Infektionsherde, Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, Fortschritte bei Impfstoffen oder...

König Felipe kämpft gegen das Virus der Korruption

Am Montag liefen in den spanischen Fernsehnachrichten vertraute Bilder aus der “alten Normalität”, also aus der Zeit, bevor die Meldungen über neue Corona-Infektionsherde, Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, Fortschritte bei Impfstoffen oder EU-Gipfeln zu Hilfsfonds alles andere überschatteten. König Felipe VI. und Königin Letizia machten ihren ersten Besuch in Katalonien seit acht Monaten und wurden dabei erwartungsgemäß von rund 500 Separatisten empfangen, die lautstark gegen die Monarchie und für eine katalanische Republik demonstrierten. Wie üblich legten radikale Gruppen die Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Girona mit brennenden Autoreifen vorübergehend still. Die Polizei ging gegen die Demonstranten vor und erntete dafür die Kritik der katalanischen Regierung, von der niemand den Besuch des Königspaars begleitete. So weit war alles wie vor gar nicht allzu langer Zeit, bevor Sars-CoV-2 alles auf den Kopf stellte.Für die Separatisten war der Besuch des Monarchen eine Gelegenheit, um wieder Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu erhaschen, nachdem es zuletzt eher still um die Unabhängigkeitsbestrebungen geworden war, zumindest außerhalb Kataloniens. Felipe VI. hofft dagegen mit seiner PR-Tour durch alle 17 Autonomen Gemeinschaften des Landes nach der harten Phase der Pandemie von den Negativ-Schlagzeilen um das Königshaus abzulenken. Fast wöchentlich veröffentlichen die Medien neue Details über die vermeintlich korrupten Machenschaften seines Vaters Juan Carlos I., welche auch die Schweizer und die spanische Justiz beschäftigen. Es geht um Schmiergeldzahlungen in Millionenhöhe von den arabischen Monarchien, zu denen der frühere König, der 2014 zugunsten seines Sohnes auf den Thron verzichtete, beste geschäftliche Kontakte pflegte.Die Quelle allen Übels der Bourbonen sind Aussagen der ehemaligen Geliebten von Juan Carlos, Corinna Larsen zu Sayn-Wittgenstein, die ohne ihr Wissen von einem korrupten Polizisten und Privatdetektiv aufgezeichnet wurden. Nachdem vor Monaten bekannt geworden war, dass aus Saudi-Arabien 100 Mill. Dollar auf ein Konto des Monarchen in Panama geflossen waren, berichtete Larsen in den neuen Enthüllungen über Koffer voller Geld, die Juan Carlos nach Reisen in die Golfregion nach Spanien eingeschleust haben soll. In seinem diskreten Zarzuela-Palast am Stadtrand von Madrid soll er sogar eine Maschine zum Geldzählen gehabt haben.Nach den ersten Enthüllungen im März hatte König Felipe das Erbe seines Vaters ausgeschlagen und diesem die staatlichen Bezüge von 190 000 Euro im Jahr entzogen. Das scheint nun angesichts des öffentlichen Unmuts nicht mehr genug. Die Regierung aus Sozialisten und dem Linksbündnis Unidas Podemos macht Druck, damit Juan Carlos auf den Titel des Rex emeritus verzichtet, aus dem Zarzuela-Palast auszieht oder sogar ins Ausland geht. Während Unidas Podemos das Ende der Monarchie verfolgt, versuchen die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez trotz ungewöhnlich direkter Kritik am früheren Staatsoberhaupt die Institution zu retten.Den katalanischen Separatisten spielen die Skandale um Juan Carlos selbstverständlich in die Karten. Drei Viertel der Katalanen lehnen Umfragen zufolge die Monarchie ab, weit mehr als der landesweite Durchschnitt. Doch die Nationalisten um Kataloniens Ministerpräsident Quim Torra plagen derzeit ganz andere Sorgen als der Weg zur eigenen Republik.Die Corona-Pandemie hält Katalonien in Atem. An vielen Orten sind große Infektionsherde ausgebrochen, was scharfe Maßnahmen zur Folge hatte. Die Bewohner von Barcelona und anderen Gemeinden sind angehalten, ihr Haus nur zu lebensnotwendigen Zwecken zu verlassen – mit Maske natürlich. Die Kritik am Krisenmanagement von Torra wächst, nachdem dieser während des Alarmzustandes über den Kompetenzentzug unter dem zentralisierten Kommando der nationalen Regierung in Madrid geklagt hatte. Katalonien habe zu früh gelockert und unzureichende Mittel zur Kontrolle der Pandemie zur Verfügung gestellt, lautet der Vorwurf. Ein Besuch des ungeliebten Königs kann nur kurz von diesen Versäumnissen ablenken.