Konjunkturoptimismus verfliegt
ba Frankfurt – Finanzmarktexperten blicken angesichts der frisch angetretenen populistischen und europakritischen Regierung in Italien sowie des sich verschärfenden Handelsstreits mit den USA derzeit so skeptisch auf die konjunkturelle Entwicklung Deutschlands wie seit sechs Jahren nicht mehr. Noch kritischer fällt im Juni gemessen an den ZEW-Konjunkturerwartungen allerdings die Haltung hinsichtlich des Fortgangs in der Eurozone aus. Ökonomen hatten bereits mit einem Rückgang des Barometers gerechnet, da die Vorgaben vonseiten der vergleichbar aufgebauten Sentix-Umfrage negativ waren (vgl. BZ vom 5. Juni). Erwartungen enttäuschtDie ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland sind im Juni um 7,9 auf -16,1 Punkte gefallen. Dies ist nicht nur der niedrigste Wert seit September 2012, sondern liegt auch weit unter dem langfristigen Durchschnitt von 23,3 Zählern. Ökonomen hatten im Mittel mit einem etwas geringeren Rückgang auf -14,0 Zähler gerechnet. Die aktuelle konjunkturelle Lage wird ebenfalls trüber als vor Monatsfrist bewertet: Das entsprechende Barometer ist um 6,8 auf 80,6 Punkte zurückgegangen. Bankvolkswirte waren hier von einem Wert von 85,0 Punkten ausgegangen.”Die jüngste Eskalation im Handelskonflikt mit den USA sowie Befürchtungen hinsichtlich einer das Finanzsystem destabilisierenden Politik der neuen italienischen Regierung hinterlassen ihre Spuren im Konjunkturausblick für Deutschland”, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 207 Analysten und institutionellen Anlegern. Hinzu kämen schlechter als erwartet ausgefallene Werte für Exporte, Produktion und Auftragseingänge der deutschen Industrie für April. “Der Ausblick für die nächsten sechs Monate hat sich in der Folge deutlich verschlechtert”, sagte Wambach.Im Startquartal ist die deutsche Wirtschaft nur mehr halb so kräftig gewachsen wie im vierten Quartal 2017. Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zufolge hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hierzulande im Quartalsvergleich 0,3 % zugelegt nach 0,6 % und 0,7 % im dritten und vierten Vierteljahr 2017. Einige Ökonomen erwarten, dass die Wirtschaft hierzulande wegen Nachholeffekten wieder leicht zulegt. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, rechnet allerdings damit, dass das gesamtwirtschaftliche Wachstum im zweiten Quartal leidet, da mit den politischen Querschüssen – aus der EU und aus den USA kommend – nun Bedenken wüchsen, ob nicht Investitionen zurückgestellt würden. “Für den aktuellen BIP-Zuwachs ist es nicht gut bestellt. Vermutlich kommt die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal kaum vom Fleck”, so seine Meinung. Angesichts der für April schwächer als erwartet ausgefallenen Daten zu Auftragseingang, Produktion und Außenhandel sehen sich Experten in der Einschätzung bekräftigt, jüngst die Wachstumsprognose zurückgenommen zu haben. So erwartet etwa die Deutsche Bank nur mehr ein Wirtschaftswachstum von 2,0 % im laufenden Jahr nach zuvor 2,3 %. Die Ökonomen sehen die Binnennachfrage weiter als “Spielmacher”. Dank sehr guter Tarifabschlüsse und der Arbeitsmarktsituation dürfte die Dynamik beim privaten Konsum erhalten bleiben, die positive fiskalische Situation sollte den stattlichen Konsum weiter ankurbeln, heißt es in einer aktuellen Studie. Vom Außenhandel hingegen dürfte es so lange keine positiven Impulse geben, solange die Verunsicherung im internationalen Handelsumfeld anhalte. Die Ökonomen der DekaBank haben ihre Erwartungen an das BIP-Wachstum auf 2,1 % und 1,7 % von zuvor 2,3 % bzw. 1,8 % für 2018 und 2019 heruntergeschraubt. Angesichts der immer noch guten Rahmenbedingungen sollte das zweite Quartal besser laufen, wobei der Mai wegen Brücken- und Ferientagen nur wenig beitragen könne.Noch trüber als für Deutschland fällt der Blick der Finanzmarktexperten für die Eurozone aus – hier ist der Erwartungsindikator um 15,0 auf -12,6 Punkte gefallen, während der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage um “dramatische 16,2 Punkte auf einen Wert von 39,9 Punkte” eingebrochen ist, so Wambach. Die Verschlechterung des Ausblicks für den gemeinsamen Währungsraum beruhe “ganz erheblich auf einer deutlich pessimistischeren Einschätzung zur italienischen Konjunktur”. Die Erwartungen für Italien sind um 31,7 Punkte auf -48,4 Punkte eingebrochen, die Lageeinschätzung fiel um 14,3 auf -32,8 Punkte.