Konsum schiebt britische Wirtschaft an
Reuters London – Großbritanniens Wirtschaft hat vor dem Brexit-Votum dank der Kauflaune seiner Verbraucher noch einmal einen Gang zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nahm zwischen April und Juni um 0,6 % zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt ONS am Freitag mitteilte; damit bestätigte es die erste Schätzung von Ende Juli. Die Ausgaben der Haushalte nahmen zum Vorquartal um 0,9 % zu – das war der stärkste Zuwachs seit dem dritten Quartal 2014. Der Konsum war in den vergangenen drei Jahren der wichtigste Treiber der Wirtschaft.Nach Angaben des Statistikamts waren im Vereinigten Königreich vor dem Referendum keine Anzeichen zu erkennen, dass die Wirtschaft in Schieflage gerät. Die Briten hatten erst kurz vor Quartalsende am 23. Juni über den Verbleib ihres Landes in der EU abgestimmt. Inzwischen gibt es aber einige Hinweise dafür, dass sich die Konjunktur auf der Insel erheblich eintrübt. So ging die Industrie laut dem Forschungsinstitut Markit im Juli rasant auf Talfahrt. Vor allem bei Produktion und Aufträgen büßten Unternehmen im Land deutlich ein. Dagegen hatten britische Verbraucher zuletzt wieder etwas von der Zuversicht zurückgewonnen, die sie im Zuge des Brexit-Votums verloren hatten.Volkswirte erwarten, dass sich die Unsicherheit über die künftige wirtschaftliche Verankerung des Landes unter anderem bei den Investitionen bemerkbar machen wird. Manche Investoren wie der Autokonzern Nissan hatten bereits erklärt, ihre Investitionspläne hingen entscheidend davon ab, wie die künftigen Handelsbeziehungen des Landes aussehen. Derzeit ist beispielsweise völlig unklar, ob das Land nach dem Brexit-Beschluss noch Zugang zum EU-Binnenmarkt haben wird. Premierministerin Theresa May will die Wirtschaft mit einer neuen Industriepolitik für die Zeit nach dem EU-Austritt fit machen. Einzelheiten dazu sind noch nicht bekannt.