Kreditvergabe in der Eurozone weiter flau
ms Frankfurt – Die Kreditvergabe im Euroraum bleibt für Notenbanker und Politiker eines der größten Sorgenkinder. Die Summe der an Haushalte und Firmen ausgereichten Bankkredite ging im Mai gegenüber Vorjahr um 1,1 % zurück, wie die Europäische Zentralbank (EZB) gestern mitteilte. Im April hatte das Minus bei 0,9 % gelegen. Damit verfestigt sich der Abwärtstrend zusehends. “Die Kreditvergabe bleibt flau”, sagte Thomas Harjes, Volkswirt bei Barclays Capital.Erstmals in diesem Jahr vergaben die Banken dabei auch gegenüber dem Vormonat weniger Kredite an private Haushalte. Gegenüber April gab es ein Minus um rund 8 Mrd. Euro. Zuvor hatte es monatelang stets ein leichtes Plus gegeben. Das war von einigen Beobachtern als Hoffnungssignal gedeutet worden, dass mit der üblichen Verzögerung auch die Firmenkredite die Trendwende schaffen. Nun muss sich zeigen, ob das Minus bei den Verbraucherkrediten ein Ausrutscher ist oder ein neuer Trend. Die Jahresrate ging durch das Minus von plus 0,4 % im April auf plus 0,2 % im Mai zurück.Die schwache Kreditvergabe beschäftigt die Verantwortlichen seit Monaten. Sie gilt als zentrales Hindernis für die wirtschaftliche Erholung. Vor dem Hintergrund gibt es viele Rufe nach der EZB. Die Währungshüter führen das Problem aber vor allem auf die durch die Rezession bedingte schwache Kreditnachfrage und auf Faktoren zurück, die sie nicht beeinflussen können – wie die erhöhte Risikoaversion der Banken.Erschwerend kommt hinzu, dass es innerhalb der Eurozone eine enorme Kluft gibt. In den Krisenländern habe das Minus bei der Kreditvergabe zuletzt bei 7,6 % gelegen, wie Commerzbank-Volkswirt Michael Schubert gestern betonte. Die “Kernländer” um Deutschland hätten dagegen zumindest noch ein leichtes Plus von 1,1 % verzeichnet.Insgesamt ist die Lage besonders schlecht bei der Kreditvergabe an Unternehmen. Die Jahresrate lag im Mai bei – 3,1 % und damit noch einmal ein wenig höher als im April mit – 3,0 %. Bereinigt um Kreditverkäufe und -verbriefungen lag das Minus bei 2,1 % (nach – 1,9 %).Barclays-Volkswirt Harjes sieht neben der Angst vor den erhöhten Kreditrisiken auch die bevorstehenden Bilanz- und Stresstests der EZB und der EU-Bankenaufsicht EBA als einen Grund für die schwache Kreditvergabe. “Das könnte viele Banken veranlassen, bis nächstes Frühjahr weiter vorsichtig zu sein mit der Genehmigung neuer Kredite”, sagte er.Das Wachstum der für die Zinspolitik der EZB wichtigen Geldmenge M3 verlangsamte sich im Mai auf 2,9 % – nach zuvor 3,2 %. Grund dafür waren aber auch Basiseffekte. Die enger gefasste Geldmenge M1 erhöhte sich um 8,4 % (zuvor 8,7 %).Was die Einlagen der Banken im Euroraum betrifft, zeigen die neuen EZB-Daten, dass Zypern im Mai erneut einen Abfluss von Kapital hinnehmen musste. Das Minus war mit knapp 1,4 % aber deutlich geringer als noch im April. Die anderen Krisenländer verzeichneten gar Zuflüsse oder recht stabile Einlagen.