Kreditvergabe legt im Juli weiter zu
ba/Reuters Frankfurt – Nach Jahren der ultralockeren Geldpolitik sollten aus Sicht von EZB-Chefvolkswirt Peter Praet die damit verbundenen Risiken genau beobachtet werden. Eine geduldige, umsichtige und beständige Vorgehensweise sei notwendig, hieß es in einer gestern veröffentlichten Präsentation. Die Europäische Zentralbank (EZB) schwenkt nach Jahren der Krisenpolitik mit Nullzinsen und billionenschweren Anleihenkäufen gerade langsam auf eine weniger expansive Geldpolitik um. Bis Jahresende sollen die vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe auslaufen. Ziel der Käufe ist, Banken dazu anzuregen, mehr Darlehen an die Wirtschaft zu vergeben. Im Juli hat die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte zwar stagniert, aber auf hohem Niveau.An Firmen reichten die Geldhäuser 4,1 % mehr Darlehen aus als im Vorjahr. Das ist der höchste Zuwachs seit der Finanzkrise vor rund zehn Jahren. Im Mai hatte das Plus bei 3,7 % gelegen. Die Kredite an Unternehmen stehen bei der Frage nach dem Exit besonders im Fokus, weil sich mit einem Anziehen die Hoffnung verbindet, dass sich die Investitionen beleben. Das gilt als zentral für einen nachhaltigen Aufschwung.Die Jahreswachstumsrate der Kreditvergabe an private Haushalte betrug im Juli unverändert 3,0 % nach 2,9 % im Mai. Für den Wohnungsbau wurden 3,4 % mehr Darlehen ausgereicht als ein Jahr zuvor (siehe Grafik). Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW, sieht in der dynamischen Kreditentwicklung jedoch kein ungetrübt positives Signal, da zuletzt insbesondere kurz- bis mittelfristige Finanzierungen gefragt waren: “Wachsende Abwärtsrisiken für die Konjunktur dürften die Unternehmen bewogen haben, sich finanzielle Reserven zu noch historisch günstigen Zinsen zu sichern.”Das Wachstum der von der EZB genau verfolgten Geldmenge M3 ging im Juli stärker zurück als erwartet. M3, wozu neben Bargeld und Einlagen auf Girokonten auch Geldmarktpapiere sowie kurzfristige Schuldverschreibungen zählen, legte 4,0 % zu nach einem Plus von revidiert 4,5 (zuvor: 4,4) % im Juni. Ökonomen hatten einen Zuwachs von 4,3 % auf der Rechnung. Die Geldmengenentwicklung ist mittel- bis langfristig eng mit der Inflation verbunden. Die EZB peilt eine Jahresteuerungsrate von nahe, aber unter 2 % an. Am Freitag veröffentlicht Eurostat die Daten für August: Ökonomen erwarten, dass die Jahresraten ihr Juli-Niveau halten werden. Das sind 2,1 % bei der Gesamtinflationsrate und 1,1 % bei der Kernrate. Das Wachstum der enger gefassten Geldmenge M1 verringerte sich im Juli von zuvor 7,5 % auf 7,4 %. M1 gilt als guter Konjunkturindikator.