Kreditvergabe schrumpft weiter

Die EZB-Krisenpolitik kommt in der Realwirtschaft der Eurozone nicht so richtig an - Konjunktursorgen

Kreditvergabe schrumpft weiter

Die gelockerte Geldpolitik der EZB kommt nicht so recht in der Realwirtschaft an. Die Kreditvergabe der Banken an den Privatsektor ist weiter geschrumpft – wegen der nachlassenden Konjunktur, aber auch wegen der kritischen Lage mancher Geldinstitute in den Euro-Krisenländern.lz Frankfurt – Die Kreditvergabe der Banken in der Eurozone an den Privatsektor ist im September viel stärker geschrumpft als erwartet. Sie verringerte sich um 0,8 % gegenüber dem Vorjahresstand, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) mit. Analysten hatten allenfalls mit einem Rückgang um 0,6 % gerechnet. Konkret verringerte sich die Kreditvergabe an Firmen vom August auf den September um 20 Mrd. Euro, während sie im Zwei-Monats-Vergleich davor nur um 6 Mrd. Euro nachgegeben hatte.Entsprechend kritisch dürfte die EZB diese Entwicklung betrachten, weil sie durch niedrige Zinsen, niedrigere Sicherheitenanforderungen bei der Refinanzierung und durch Liquiditätsspritzen eigentlich dafür sorgen wollte, dass die Banken der Privatwirtschaft genügend Finanzmittel zur Verfügung stellen. Immerhin lag das Wachstum der für die Zinspolitik der EZB wichtigen Geldmenge M 3 bei 2,7 % und blieb damit ebenfalls unter dem von den Analysten erwarteten Wert von 3,0 %, was auf einen etwas geringeren Inflationsdruck schließen lässt. M 3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen mit bis zu zwei Jahren Laufzeit. M 3 ist aber auch ein Vorlaufindikator für die wirtschaftliche Dynamik im Euroraum und legte damit so langsam zu, wie zuletzt im April. Die Geldpolitik scheint also nicht so recht in der Realwirtschaft anzukommen.Allerdings zeigt ein näherer Blick auf die jüngsten EZB-Daten, dass die Entwicklung in der Eurozone höchst unterschiedlich verläuft. In vielen rezessionsgeplagten Ländern ist die Nachfrage nach Darlehen ohnehin gering. In einigen Regionen fungieren aber auch die Banken als Investitionsbremse, wie Commerzbank-Experte Michael Schubert darlegt. “Zumindest in einigen Euro-Ländern beeinträchtigen die Kapitalengpässe bei den Banken das Kreditangebot an die Realwirtschaft”, schreibt er in einer Analyse der jüngsten Kreditdaten. Die Klagen der Unternehmen etwa in Frankreich über hohe Hürden bei der Kreditvergabe hätten in den vergangenen Monaten nur langsam abgenommen. Ein ähnliches Bild ergebe sich in Italien.Die EZB hat bereits mit der Senkung des Leitzinses auf das historisch niedrige Niveau von 0,75 % auf die wirtschaftliche Schwäche im Euroraum reagiert, wo insbesondere viele Südländer in einer tiefen Rezession stecken. Zugleich hat die Notenbank mit der Ankündigung, Staatsanleihen von klammen Staaten unter strikten Bedingungen aufkaufen zu wollen, für Entspannung an den Finanzmärkten gesorgt.Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank geht davon aus, dass die Beruhigungsspritze der EZB für die Märkte erst mit einer gewissen Zeitverzögerung in der Güterwirtschaft wirken wird: “Es dauert noch, bis das in der Realwirtschaft ankommt”, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Daher könne auch die Diskussion, ob die EZB den Leitzins noch weiter senken solle, wieder aufflammen. Ein möglicher neuer Langfristtender ist nach Meinung von EZB-Ratsmitglied Benoît Coeuré indes “lediglich im Fall eines allgemeinen Liquiditätsengpasses angebracht, und er ist wahrscheinlich nicht das beste Instrument bei lokalen Schwierigkeiten von Banken”. Ökonomen gehen deshalb eher davon aus, dass hierfür der Sicherheitenrahmen weiter gelockert wird.