Kreditvergabe trotzt Konjunkturflaute

Ausleihungen an Unternehmen bislang weiter robust - Geldmenge M1 legt zu

Kreditvergabe trotzt Konjunkturflaute

ms Frankfurt – Während die Euro-Konjunktur unerwartet stark an Fahrt verliert, präsentiert sich die Kreditvergabe im Euroraum weiter recht schwungvoll. Das geht aus gestern veröffentlichten Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Juli hervor. Insbesondere die im Fokus stehende Kreditvergabe an die Unternehmen entwickelt sich demnach weiter relativ gut.Die Banken in der Eurozone vergaben laut EZB im Juli an Unternehmen 3,9 % mehr Buchkredite als im Jahr zuvor. Das Wachstum war damit genauso stark wie im Juni. Den Ausleihungen an Unternehmen kommt mit Blick auf die Investitionen eine besondere Rolle zu. Ein Anziehen der Investitionen gilt als zentral für einen nachhaltigen Aufschwung.Die neuen Kreditdaten dämpfen damit ein wenig die immer größeren Konjunkturängste in der Eurozone. Vor allem Deutschland als größte Euro-Volkswirtschaft scheint auf eine Rezession zuzusteuern. Zugleich deuten die Daten aber auch an, dass es für die Europäische Zentralbank (EZB) schwer werden könnte, neue Konjunkturimpulse zu setzen, weil die Kreditvergabe bislang kaum ein Problem darstellt. Die Euro-Hüter beraten gerade über eine erneute geldpolitische Lockerung.Im Frühjahr hatte sich das Wirtschaftswachstum im Euroraum gegenüber dem Jahresauftakt von 0,4 % auf 0,2 % halbiert. In Deutschland war das Bruttoinlandsprodukt sogar geschrumpft – um 0,1 %. Für das dritte Quartal ist in Deutschland ein erneuter Rückgang zu befürchten – womit das Kriterium einer technischen Rezession erfüllt wäre. Das hat auch eine hitzige Debatte über staatliche Konjunkturhilfen ausgelöst. “Gewisse Erleichterung”Die Daten zur Kreditvergabe sind nun eher auf der positiven Seite zu verbuchen – zumal in Kombination mit einer unerwartet guten Entwicklung bei den Geldmengen M1 und M3. Die Daten “bieten eine gewisse Erleichterung”, sagte etwa Peter Vanden Houte, Volkswirt bei den ING. “Der intakte Kreditzugang in Verbindung mit den niedrigen Zinsen leistet einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung”, sagte auch Stephanie Schoenwald, Kreditmarktexpertin bei KfW Research.Positiv entwickelte sich im Juli nicht nur die Kreditvergabe an Unternehmen, sondern auch jene an Privathaushalte. Die Ausleihungen lagen 3,4 % über Vorjahr – der stärkste Zuwachs seit Januar 2009. Im Juni hatte das Plus bei 3,3 % gelegen. Die große Frage ist allerdings, wie lange die Kreditvergabe dem Konjunkturabschwung noch trotzt. Die letzte vierteljährliche Kreditumfrage der EZB hatte etwa bereits gezeigt, dass Banken im Frühjahr erstmals seit Anfang 2017 die Standards für Kredite an Unternehmen gestrafft haben. Zugleich legte die Nachfrage der Firmen aber weiter zu.Für zumindest ein wenig mehr Konjunkturzuversicht spricht auch die Entwicklung der Geldmengen. Das Wachstum der Geldmenge M3 legte von 4,5 % im Juni auf 5,2 % im Juli zu, und das Wachstum der Geldmenge M1 verbesserte sich auf hohem Niveau noch einmal von zuvor 7,2 % auf nun 7,8 %. Die EZB selbst hat wiederholt die enge Beziehung zwischen dem Konjunkturzyklus und M1 betont und die jüngste Entwicklung als Indiz gegen signifikante Rezessionsrisiken im Eurogebiet für das Jahr 2019 und Anfang 2020 bezeichnet.