Kreditwirtschaft contra Anzeigepflicht

Scholz baut mit der Steuernovelle auf das Ende von "Tricksereien"

Kreditwirtschaft contra Anzeigepflicht

wf Berlin – Deutlich mehr Bürokratie und erhebliche Rechtsunsicherheit für die Finanzbranche befürchtet die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) durch die geplante Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle. Die Anzeigepflicht gehe “zu weit und ist in dieser Form strikt abzulehnen”, erklärte die DK in Reaktion auf den gestrigen Kabinettsbeschluss. Die Bundesregierung setzt mit dem Entwurf die geänderte EU-Amtshilfe-Richtlinie in deutsches Recht um. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht damit das Ende “undurchsichtiger Steuerumgehungsmodelle” nahen. “Grenzüberschreitende Tricksereien, die unserer Gemeinschaft großen Schaden zufügen, können bald zügiger aufgedeckt und abgestellt werden”, erklärte er in Berlin. Alle müssten “ihren fairen Beitrag zum Steueraufkommen” leisten, auch internationale Konzerne.Das neue Recht verpflichtet Steuerpflichtige, aber vor allem auch Intermediäre wie Kreditinstitute, Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer, dem Bundeszentralamt für Steuern grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle mitzuteilen. Dem Bundesfinanzministerium zufolge geht es um Modelle, die diese Intermediäre konzipiert, organisiert oder verkauft haben. Die DK spricht von legalen, aber unerwünschten Modellen. Auch die Nutzer der Modelle müssen gemeldet werden. Die Anzeigefrist beträgt 30 Tage, nachdem das Konzept zur Umsetzung bereitgestellt wurde. Über ein Zentralverzeichnis werden die Daten unter den EU-Mitgliedstaaten automatisch ausgetauscht. Das neue Recht muss am 1. Januar 2020 in Kraft treten, damit die EU-Vorgaben eingehalten werden. Meldeflut programmiert Die DK bekennt sich zum Ziel, Steuerflucht und missbräuchliche Steuergestaltungen zu bekämpfen. Den konkreten Entwurf hält sie aber für unpraktikabel. Der DK fehlen vor allem eindeutige Definitionen der zu meldenden Sachverhalte. Zudem verlangt sie, ihre Standardgeschäfte von der Anzeigepflicht auszuklammern, damit nicht “massenhaft unbedenkliche Fälle” erfasst würden und es zu einer Flut “irrelevanter Meldungen” komme. Dies gilt für Zahlungsverkehr, Depotgeschäft sowie damit einhergehende Wertpapiergeschäfte. Dasselbe müsse für das Online-Banking sowie für andere Geschäfte gelten, mit denen keine Beratung verbunden sei.Die Bundesregierung will mit der Novelle Finanzämtern und Gesetzgeber erlauben, Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen frühzeitig zu identifizieren. Ungewollte Gestaltungsspielräume sollen auf diese Weise zügig geschlossen werden. Die Regelung füge sich in ein Bündel von Maßnahmen für mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit sowie gegen Steuerbetrug und Steuerumgehung. Eine erste Kostenschätzung für die Intermediäre von 7 Mill. Euro im Jahr wurde im Entwurf als zu niedrig eingestuft und soll nachgeliefert werden. In der Verwaltung fallen bis 2022 allein IT-Kosten von mehr als 30 Mill. Euro an.