Kritik an EZB-Staatsanleihekäufen wächst
ms Frankfurt – Unmittelbar vor der erneuten Ausweitung der EZB-Staatsanleihekäufe in der Coronakrise wächst in Deutschland die Kritik an den Käufen – insbesondere an der Bevorzugung von Ländern wie Italien und Spanien. Das ZEW Mannheim veröffentlichte gestern mit Unterstützung der Brigitte Strube Stiftung eine Studie, die eine starke Übergewichtung dieser beiden Länder bei den EZB-Staatsanleihekaufprogrammen PEPP und PSPP belegt. Bereits am Montag hatte der FDP-Finanzexperte im Bundestag, Frank Schäffler, in der Börsen-Zeitung die Käufe attackiert und von monetärer Staatsfinanzierung gesprochen (vgl. BZ vom 8. Dezember).Der EZB-Rat dürfte morgen das Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) erneut aufstocken und verlängern. Derzeit hat es ein Volumen von 1,35 Bill. Euro und ist bis Mitte 2021 angesetzt. Parallel kauft das Eurosystem auch im Zuge des Asset Purchase Programme (APP) und konkret des Public Sector Purchase Programme (PSPP) in großem Stil Staatsanleihen. Aktuell beläuft sich das APP auf 20 Mrd. Euro pro Monat. Einige Beobachter spekulieren, dass die Notenbanker auch das APP ausweiten könnten. Die Euro-Hüter sehen wegen der zweiten Pandemiewelle Handlungsbedarf.In Deutschland sind die Staatsanleihekäufe seit jeher umstritten. Mit dem PEPP hat die Kritik noch einmal zugenommen, zumal das Eurosystem damit gezielt einzelne Krisenländer unterstützt. Dafür hat der EZB-Rat einige Regeln, die für das PSPP gelten, ausgesetzt. Auch die Orientierung der Verteilung der Käufe auf die Euro-Länder am Kapitalschlüssel ist mindestens vorübergehend gelockert. Kritiker sehen PEPP deshalb als monetäre Staatsfinanzierung.Laut der ZEW-Studie weichen die Staatsanleihekäufe seit Beginn der Corona-Pandemie in ihrer Aufteilung sehr stark vom EZB-Kapitalschlüssel ab. Verglichen mit dem Kapitalschlüssel seien italienische Staatsanleihen zwischen März und September 2020 um 25 % übergewichtet. Für Spanien betrage die Übergewichtung 11 %. Die Analyse kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass die Übergewichtung schon lange vor der Coronakrise begonnen habe. Nicht nur auf PEPP schauenBemerkenswert ist auch folgendes Resultat der Studie: Obwohl der EZB-Kapitalschlüssel für das PSPP eine größere Verbindlichkeit als für das PEPP habe, seien die Abweichungen für das PSPP noch größer als beim PEPP. “Die alleinige Betrachtung von PEPP ist irreführend. Es entsteht fast der Eindruck, als ob das Eurosystem hier Bilanzkosmetik betreibt”, sagte ZEW-Ökonom und Ko-Autor Friedrich Heinemann.Die Anleihekaufprogramme müssten in dieser Form nach dem Ende der Coronakrise enden, so die Studie. “Staatsanleihekäufe der Euro-Zentralbanken mit diesen Ungleichgewichten sind allenfalls in der akuten Notlage der Corona-Rezession noch vom EU-Recht gedeckt. In einer konjunkturellen Normallage wäre ein solches Programm ein klarer Fall von monetärer Staatsfinanzierung”, so Heinemann. “Für Europas Anleihemärkte bleibt die Frage spannend, wie sich hoch verschuldete Euro-Staaten nach der Krise ohne diese massiven indirekten Finanzierungshilfen der Notenbanken wieder finanzieren können.”