IM INTERVIEW: ANDREAS DOMBRET, DEUTSCHE BUNDESBANK

Kritik an IWF-Forderung

Vorstandsmitglied: Stabilisierung der Staatsfinanzen hat oberste Priorität

Kritik an IWF-Forderung

– Herr Dr. Dombret, welche Themen werden Ihrer Einschätzung nach beim Frühjahrstreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der kommenden Woche im Fokus stehen?Die Frühjahrstagung wird stark geprägt sein von Gesprächen über die globalen Konjunkturperspektiven. So wächst die Weltwirtschaft gegenwärtig eher verhalten, und der hohe Ölpreis könnte die Entwicklung weiter belasten. Darüber hinaus dürfte das Dauerthema einer stärkeren Überwachung von möglichen makroökonomischen Fehlentwicklungen auf der Agenda stehen. Zudem wird natürlich vor dem Hintergrund der europäischen Schuldenkrise die Frage nach einer angemessenen Ressourcenausstattung für den IWF zentral sein.- Der IWF hat zuletzt versucht, weitere Kompetenzen auf sich zu ziehen, etwa durch das sogenannte globale finanzielle Sicherheitsnetz, bei dem der Fonds in einer globalen Liquiditätskrise unbegrenzt Liquidität ohne Konditionalität mehreren Ländern gleichzeitig bereitstellen könnte. Die Bundesbank hat diese Vorstellungen zurückgewiesen. Sehen Sie ein Einlenken des IWF bei diesen und anderen Fragen, die dem Fonds zusätzliche Kompetenzen geben würden?Die Möglichkeit von großvolumigen, vorsorglichen und unkonditionierten Kreditvergaben ist zuletzt verhaltener diskutiert worden. Derzeit betont der IWF wieder eine eher begrenzte Inanspruchnahme von IWF-Ressourcen durch einzelne Kreditnehmer. Außerdem besinnt er sich wieder mehr auf den Einsatz ambitionierter Stabilisierungsprogramme. Die hiermit verbundene Konditionalität begrüßen wir außerordentlich.- Im Herbst standen die Europäer und vor allem die Deutschen in Washington unter erheblichem Druck. Erwarten Sie abermals Kritik an der Krisenpolitik in Europa?Seit der letzten IWF-Jahrestagung hat sich viel getan. Die Euro-Länder haben sich erfolgreich angestrengt, die Haushaltsdisziplin institutionell stärker zu verankern und die europäischen Brandschutzmauern zu verstärken. Diese Anstrengungen werden von unseren Partnerländern im IWF sehr wohl wahrgenommen. Unterschiedliche Auffassungen bestehen aber in der Frage, wie die optimale Wirtschaftspolitik aktuell auszugestalten ist. Dort vertritt der IWF die Ansicht, dass seine Mitgliedsländer auf absehbare Zeit eine lockere Geldpolitik und eine möglichst expansive Fiskalpolitik durchführen sollen; Konsolidierung sollte erst später angestrebt werden. Angesichts der wichtigen Rolle Deutschlands als Stabilitätsanker in Europa räumen wir jedoch einer glaubwürdigen Stabilisierung der Staatsfinanzen oberste Priorität ein.—-Die Fragen stelle Stephan Balling.