Kronberger Kreis: Maastricht 2.0 statt Fiskalunion

Ökonomen halten die derzeitigen Strukturpläne für die Eurozone für das Werk von "Euromantikern"

Kronberger Kreis: Maastricht 2.0 statt Fiskalunion

lz Frankfurt – Weil sich ein europäischer Bundesstaat nicht so zügig verwirklichen lässt, wie es angesichts der gegenwärtigen Schuldenkrise nötig wäre, und außerdem eine weitere Zentralisierung der Eurozone ohne stabilitätspolitische Abstriche wohl nicht zu haben sein wird, fordern die im Kronberger Kreis organisierten Ökonomen jetzt eine Rückbesinnung und eine Härtung der im Maastrichtvertrag zugrunde gelegten Haushaltsvorgaben. “Wir wollen Maastricht 2.0, das die nationale Verantwortlichkeit für die Finanz- und Wirtschaftspolitik im Grundsatz reaktiviert”, betont der Sprecher des Kronberger Kreises, der Wirtschaftsweise Lars P. Feld. Dies sei der realistischere Weg zu einer Stabilitätsunion.Feld spricht im Zusammenhang mit den vielfachen Bekenntnissen zur Schaffung eines Europäischen Bundesstaates und einer Fiskalunion von “Euromantikern”. Denn nach wie vor fehlt es nach Meinung der Ökonomen am notwendigen stabilitätspolitischen Konsens in vielen Ländern. Feld und sein Kollege Volker Wieland von der Universität Frankfurt führen hier etwa Italien, Spanien und Griechenland an. Vielfach seien die aus diesen Ländern kommenden Vorschläge mit dem Ziel verbunden, einen bequemeren und billigeren Weg aus der Euro-Krise zu finden und die eigene Bürde Steuerzahlern in anderen Länder aufzuhalsen. Zweifel am StabilitätswillenNach Meinung von Feld und Wieland gibt es jedoch durchaus einen Weg zwischen einer – wie derzeit angestrebt – stärkeren Zentralisierung der Eurozone und ihrem ansonsten drohenden Auseinanderbrechen. Die nationale Politik werde durch die neuen Fiskalregeln in einem Maastricht-2.0-Vertrag wirksamer auf Solidität festgelegt. Weil vielfach Zweifel am politischen Willen bestehen, dass im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die Stabilitätsgebote die betroffenen Staaten tatsächlich auch zur Rechenschaft gezogen werden, müssten die Regeln vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einklagbar sein. Und als weiteres Instrument halten sie die Einrichtung einer Insolvenzordnung für die Euro-Staaten für notwendig. Das schließe eine bevorzugte Behandlung einzelner Gläubiger aus, sollte aber erst in Kraft treten, wenn eine Beruhigung auf den Finanzmärkten eingetreten ist.Wegen ihres Zweifels am Durchhaltewillen der Politik im Hinblick auf die Stabilitätsgebote halten es die Ökonomen des Kronberger Kreises obendrein für notwendig, dass die Marktkräfte weiter wirken können. Der Eurorettungsfonds ESM sollte deshalb nur zur Liquiditätsbereitstellung dienen, nicht zur Staatsfinanzierung. Kritisch sehen sie darum auch die angekündigten unlimitierten Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB). Man habe etwa nichts dagegen, wenn die EZB Anleihen kaufe, um eine Deflationsspirale zu stoppen, aber mit der aktuellen Politik “pflegt sie die Finanzierungskosten einzelner Länder und mischt sich in die Fiskalpolitik ein”, kritisiert Wieland.Um “Maastricht 2.0” zum Erfolg zu verhelfen ist nach Ansicht des Kronberger Kreises eine noch schärfere gemeinsame Bankenregulierung die Voraussetzung. Die Krise habe gezeigt, dass ein einheitliches europäisches Bankenrestrukturierungsregime benötigt werde, das insolvenzbedrohte Banken in den Mitgliedstaaten direkt restrukturiert bzw. abwickelt. Verluste sollten von Aktionären und gegebenenfalls auch den Gläubigern getragen werden, nicht vom Steuerzahler. Um systemische Bankenkrisen zu verhindern, müsse die Bankenaufsicht schon im Vorfeld auf die nationalen Geschäftsbanken Einfluss nehmen. Gratwanderung der EZBKritisch äußerten sich Feld und Wieland zur Übertragung der europäischen Bankenaufsicht auf die EZB. Angesichts dessen, dass dieser Institution die Expertise dazu fehle und die entsprechende Abteilung ohnehin erst aufgebaut werden müsse, hätte man auch eine eigene Institution gründen können. Dann würde es keine so großen Probleme mit Interessenkonflikten, der Sicherung der Unabhängigkeit der Notenbank und der notwendigen demokratischen Legitimitation geben.