Geldpolitik

Lagarde betont Unabhängigkeit der EZB von der Fed

Die EZB hat entschieden: Die Leitzinsen steigen erneut und sollen auch weiter angehoben werden. Damit grenzt sich die EZB ab von der US-Notenbank Fed. Die Euro-Notenbanker wollen zudem ihre Bilanz schneller zurückfahren.

Lagarde betont Unabhängigkeit der EZB von der Fed

Lagarde betont Unabhängigkeit der EZB von der Fed

Notenbank hebt Leitzinsen an und avisiert weitere Schritte – „Inflationsaussichten zu hoch“

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat entschieden: Die Leitzinsen steigen erneut und sollen auch weiter angehoben werden. Damit grenzt sich die EZB ab von der US-Notenbank Fed. Die Euro-Notenbanker wollen zudem ihre Bilanz schneller zurückfahren als bislang. Die hohe Inflation bereitet ihnen weiter Sorge.

ms Frankfurt

Während die US-Notenbank Fed auf eine Zinserhöhungspause und womöglich ein Ende des aktuellen Zinszyklus zusteuert, stellt die Europäische Zentralbank (EZB) weitere Zinserhöhungen in Aussicht – ohne sich aber festzulegen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte am Donnerstag nach der EZB-Sitzung und einer erneuten Zinsanhebung, dass weitere Schritte wahrscheinlich seien, falls sich Inflation und Wachstum wie erwartet entwickeln. „Wir wissen, dass wir noch einen Weg zu gehen haben”, sagte Lagarde. „Es ist ganz klar, dass wir keine Pause machen werden.” Am Mittwochabend hatte die Fed ihren Leitzins erneut um 25 Basispunkte erhöht, aber zugleich eine Pause avisiert. Viele Beobachter interpretieren das als Ende im Zyklus (siehe nebenstehenden Text).

Damit könnte es in den nächsten Monaten zu einem Auseinanderdriften von EZB und Fed kommen. Das gilt als eher selten und so mancher Beobachter argumentiert, dass sich die EZB nicht allzu lange von der Fed abkoppeln könne. Die Fed gilt immer noch als wichtigste Notenbank der Welt. Allerdings fällt ein häufiges Argument in dem Kontext aktuell eher weg. Sollte die EZB ihre Zinsen erhöhen, während die Fed stillhält, könnte das den Euro zum Dollar aufwerten lassen. In der aktuellen Lage käme das der EZB aber womöglich gar nicht ganz ungelegen, da das über die Importpreise helfen würde, die zu hohe Inflation zu reduzieren.

„Wir sind nicht von der Fed abhängig“, betonte Lagarde nun auf Fragen nach Folgen für die EZB, falls die Fed nun pausiert oder ihre Zinserhöhungen ganz beendet. Natürlich habe die Entwicklung der US-Wirtschaft als weltgrößter Volkswirtschaft Spillover-Effekte auf die Eurozone und die EZB schaue, was andere Zentralbanken rund um den Globus tun. Die EZB sei aber eine unabhängige Zentralbank und treffe die für den Euroraum nötigen Entscheidungen, so Lagarde.

Am Donnerstag entschied sie nun erst einmal, ihre Leitzinsen erneut anzuheben – aber nicht mehr so stark wie zuvor. Sie erhöhte die Sätze um 25 Basispunkte – nach zuletzt dreimal 50 Punkten in Folge und sogar 75 Punkten zuvor. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt nun bei 3,75%, der aktuell noch wichtigere Einlagensatz bei 3,25%. Die Leitzinsen befinden sich damit auf dem höchsten Niveau seit Herbst 2008, als die EZB ihre Leitzinsen wegen der Weltfinanzkrise deutlich herunterzuschrauben begonnen hatte.

Der EZB-Rat begründete die erneute Zinserhöhung mit der hartnäckigen Teuerung. „Die Inflationsaussichten sind weiterhin zu hoch, und dies über einen zu langen Zeitraum“, hieß es in der Erklärung des Gremiums. Die Inflation ist zwar gegenüber ihrem Rekordwert von 10,6% im Oktober deutlich gesunken, mit zuletzt 7,0% liegt sie aber immer noch deutlich oberhalb des EZB-Zielwerts von 2,0%. Vor allem aber hält sich der zugrundeliegende Preisdruck hartnäckig. Im April lag die Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) mit 5,6% nur wenig unter dem März-Rekord von 5,7%. Zur Begründung für die Drosselung des Zinserhöhungstempos verwies Lagarde unter anderem auf Signale für eine schwächere Kreditvergabe – wegen der Zinserhöhungen und der Bankenturbulenzen.

Lagarde räumte ein, dass einige Notenbanker mit einer Anhebung um 50 Basispunkte sympathisiert hätten. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann hatte im April im Interview der Börsen-Zeitung damit geliebäugelt (vgl. BZ vom 13. April). Am Ende gab es aber einen „fast einstimmigen Beschluss“, sagte Lagarde. Das Paket aus erneuter Zinserhöhung, Signalen für weitere Schritte und der Ankündigung eines schnelleren Bilanzabbaus ließ offenbar den Widerstand anderer Notenbanker schnell bröckeln.

Beim Bilanzabbau stellte der EZB-Rat in Aussicht, dass er ab Juli die Reinvestitionen im Zuge des Anleihekaufprogramms APP komplett einstellt. Aktuell reinvestiert er einen Teil der fällig werdenden Gelder wieder. Ab Juli werde sich das monatliche Abbauvolumen damit von aktuell 15 Mrd. Euro auf rund 25 Mrd. Euro erhöhen, so Lagarde.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.