Lagarde hält Inflation nicht für besiegt
Lagarde hält Inflation nicht für besiegt
EZB-Präsidentin bekräftigt Beibehaltung eines ausreichend restriktiven Zinsniveaus zur Erreichung des 2-Prozent-Inflationsziels
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, bestätigt die im Oktober beschlossene geldpolitische Positionierung. Die EZB will die Leitzinsen so lange wie nötig auf ausreichend restriktivem Niveau halten. Auf dem Weg zu einer Inflation von 2% sei "nicht der Zeitpunkt, um den Sieg zu verkünden."
fed Frankfurt
EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat ihren Auftritt vor dem Wirtschaftsausschusses des EU-Parlaments genutzt, um zu untermauern, dass die Zentralbank an ihrem geldpolitischen Kurs festhalten wird. „Im Oktober haben wir beschlossen, die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) unverändert zu belassen, und wir gehen davon aus, dass die Beibehaltung der Zinssätze auf dem derzeitigen Niveau über einen ausreichend langen Zeitraum einen wesentlichen Beitrag zur Wiederherstellung der Preisstabilität leisten wird“, sagte die Französin vor den Abgeordneten in Brüssel. Die angemessene Höhe und Dauer werde dabei weiter datenabhängig festgelegt. Die EZB werde, so zeigte sich Lagarde überzeugt, dafür sorgen, dass die Inflation zum mittelfristigen Ziel von 2% zurückkehre, fügte aber zugleich an: „Dies ist nicht der Zeitpunkt, um den Sieg zu verkünden.“ Vielmehr sei es nötig, die verschiedenen Kräfte, die sich auf die Preissteigerung auswirkten, im Auge zu behalten. Mitte Dezember will die Zentralbank ihren geldpolitischen Kurs dann auf der Basis neuer Daten und aktualisierter Projektionen neu bewerten – und zwar auch für 2026.
Bei der letzten Sitzung in diesem Jahr dürfte abermals das Thema Bilanzabbau in Verbindung mit der Tilgung von Anleihen zur Sprache kommen. Sie könne sich vorstellen, sagte Lagarde, dass die künftige Bilanz der EZB kürzer ausfallen werde als zuletzt, aber länger sein werde als vor der Finanzkrise 2008.
Eingetrübte Konjunkturaussichten
Lagarde zeichnete ein eingetrübtes Bild der Konjunktur. Die Wirtschaftstätigkeit in der Eurozone stagniere ja bereits seit einigen Quartalen und „dürfte auch für den Rest des Jahres schwach bleiben“. Sogar mit Blick auf den bislang widerstandsfähigen Arbeitsmarkt sei der Ausblick eher ernüchternd, da es Signale gebe, „dass das Wachstum der Beschäftigung gegen Ende des Jahres an Schwung einbüßen könnte“. Etwas zuversichtlicher fielen die Aussichten der Notenbankchefin über die kurze Frist hinaus aus. Ihrer Einschätzung nach werde sich die Wirtschaft in den nächsten Jahren wieder erholen, zumal die Einkommen der privaten Haushalte sich erholen würden und auch die Nachfrage nach Exporten aus Europa wieder steigen dürfte. Der Inflationsdruck dürfte sich voraussichtlich abschwächen, wobei die mittelfristigen Aussichten nach wie vor mit großen Unsicherheiten behaftet seien. Die EZB-Chefin stimmt zugleich die Marktteilnehmer darauf ein, dass es mit den Kennziffern nun erst einmal wieder kurzzeitig in die andere Richtung gehen könnte. Denn es sei möglich, dass die Gesamtinflation in den kommenden Monaten leicht ansteigen könnte, was wiederum mit Basiseffekten zu tun habe.
Klimawandel als Herausforderung
Angesprochen auf ihre Bewertung der nationalen Finanzpolitiken, sagte Lagarde, sie hoffe, dass sich Europas Finanzminister möglichst bald auf den künftigen Fiskalrahmen, also die haushaltspolitischen Vorgaben, verständigen werden. Zugleich thematisierte die Französin erneut das Thema Klimakrise. Hier sehe sie in erster Linie die Regierungen für die Bekämpfung des Klimawandels in der Pflicht: „Sie haben die Autorität, die Instrumente und die Fähigkeit, die geeigneten politischen Maßnahmen zur Bewältigung dieser Krise umzusetzen.“ Allerdings bleibe auch die EZB verpflichtet, ihren Beitrag zu leisten – selbstverständlich im Rahmen ihres Mandats, und dieses Mandat der Sicherung von Preisstabilität habe Vorrang vor allem anderen.
Kein Inflations-Galopp mehr
Die Europaabgeordneten konfrontierten Lagarde wie schon in früheren Sitzungen mit der Kritik privater Haushalte über die steigenden Lebenshaltungskosten. Die Notenbankerin stellte in Reaktion darauf klar, dass „wir es nicht mehr mit einer galoppierenden Inflation zu tun haben“ wie noch im vergangenen Herbst, als die Euro-Teuerungsrate zeitweise auf zweistellige Raten gestiegen war. Trotzdem zeigte sie Verständnis, dass der Anstieg der Lebensmittelpreise auch aktuell Bürgern wehtue. Gerade deshalb untermauerte sie das Ziel, die Inflation von zuletzt 2,9% noch weiter nach unten zu bringen.
Die EZB stelle fest, dass Termineinlagen und Spareinlagen nun wieder höhere Zinsen abwerfen. Das gebe Grund zur Hoffnung, dass die Geldpolitik tatsächlich in Marktkonditionen übertragen werde, sagte Lagarde.