Lagarde heizt Debatte über EU-Fonds an
ms Frankfurt – EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat dafür plädiert, den in der Coronakrise aufgelegten EU-Wiederaufbaufonds zu einer dauerhaften Einrichtung zu machen. Der Vorschlag dürfte vor allem in vielen nördlichen Euro-Staaten auf große Skepsis und einigen Widerstand stoßen – und zumindest auch in Teilen der Bundesregierung. Das liegt nicht zuletzt daran, dass für die EU-Kommission erstmals die Möglichkeit geschaffen wurde, in großem Stil Anleihen zu begeben – was einige Kritiker als ersten Schritt hin zu weiter umstrittenen Euro-Bonds sehen.”Dieses Instrument des Wiederaufbauplans ist eine Reaktion auf eine außergewöhnliche Situation”, sagte Lagarde der Zeitung “Le Monde”, fügte aber sogleich hinzu: “Wir sollten die Möglichkeit erörtern, dass es im europäischen Instrumentenkasten verbleibt, damit es wieder eingesetzt werden kann, wenn ähnliche Umstände eintreten.” Zudem hoffe sie, “dass es auch eine Debatte über ein gemeinsames Haushaltsinstrument für den Euroraum geben wird und dass diese durch unsere derzeitigen Erfahrungen bereichert wird”.Im Kampf gegen die Corona-Pandemie und die dadurch ausgelöste Jahrhundertrezession hat die Euro-Politik insbesondere den 750 Mrd. Euro schweren Wiederaufbaufonds aufgelegt. Derzeit ringen die EU-Staaten untereinander und mit dem EU-Parlament über die finale Umsetzung. Zugleich tobt eine Debatte, was die Maßnahmen für die Zukunft der Währungsunion bedeuten. Viele Experten werten den Fonds als ersten Schritt hin zu einer gemeinschaftlichen Fiskalpolitik – und womöglich zu gemeinsamen Euro-Anleihen. In Deutschland gibt es da gerade in CDU und CSU weiter viel Ablehnung.Die Perspektive, dass der Wiederaufbaufonds und damit möglicherweise auch die Option zur Verschuldung auf EU-Ebene doch nicht nur vorübergehend bleibt, dürfte solche Bedenken verstärken. Die EZB hatte bereits Ende September in ihrem Wirtschaftsbericht dafür plädiert, aus der Einrichtung des Geldtopfs und der möglichen Schuldenaufnahme Lehren für die Zukunft zu ziehen (vgl. BZ vom 24. September). Das hatte für einiges Aufsehen gesorgt. Lagarde untermauert und präzisiert das nun mit ihren Aussagen.Zugleich warnte Lagarde in dem Interview eindringlich vor Verzögerungen beim Corona-Wiederaufbaufonds. Das Ziel der EU-Kommission sei es, diese Mittel Anfang 2021 verteilen zu können – “und dieser Zeitplan muss eingehalten werden”, sagte sie. Zuletzt hatte auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann im Interview der Börsen-Zeitung vor negativen Folgen gewarnt, sollte das Geld nicht oder viel später fließen (vgl. BZ vom 8. Oktober). Vom Einsatz der Fiskalpolitik dürfte auch abhängen, ob die EZB ihre Geldpolitik noch einmal stark lockert.