Länder sind die Gewinner
Die Steuerschätzer zeigen mit ihren neuen Zahlen, dass die Phase explosionsartig steigender Steuereinnahmen endlich ist. Nun sollte sich keiner vertun: Der Trend steigender Einnahmen bleibt ungebrochen für alle Gebietskörperschaften. In fünf Jahren haben Bund, Länder und Gemeinden 165 Mrd. Euro mehr in der Kasse als 2018 mit 775 Mrd. Euro. Es naht nicht das Ende der goldenen Zeiten. Aber die stetige Korrektur der vorausgegangenen Schätzung nach oben wird sich so nicht fortsetzen. Dies ist Folge der verlangsamten Konjunktur. Es wird weniger unerwartetes Geld regnen, das etwa der Bund bisher in Reserven gestopft hat oder mit dem er die zusätzlichen Kosten aus dem Flüchtlingszustrom des Jahres 2015 finanzierte. Hinzu kommt, dass künftig die deutschen Zahlungen an den Europa-Haushalt steigen werden. Dies schlägt sich bei den Schätzern noch nicht nieder.Die Zahlen legen noch mehr offen. Die Länder sind die Gewinner. Ihre Steuereinnahmen steigen deutlich stärker als im Mai noch erwartet. Darin zeigt sich die Umschichtung von Steueransprüchen vom Bund zu den Ländern. Strukturelle Änderungen kann der Bund fast immer nur durchsetzen, wenn er bezahlt und dafür Finanzmasse zu den Ländern verschiebt. Auf die Dauer ist dieses System ungesund, denn es höhlt die Finanzkraft des Bundes aus.Erschreckend ist, dass die Steuerschätzer bis 2023 keine einzige finanzielle Korrektur für Steuerrechtsänderungen ausweisen. Über fünf Jahre zeigen sich nur Nullen in der Übersicht. Die Schätzer nehmen die Folgen von Steuerrechtsänderungen erst in ihre Prognose auf, wenn sie rechtskräftig sind. Die Koalition hat einiges angekündigt, wie die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung oder den teilweisen Abbau des Soli. Nichts davon ist aber in trockenen Tüchern.Die Serie von Nullen zeigt, wie berechtigt die Wirtschaft ist, die Forderungen nach einer Unternehmenssteuerreform zu verstärken. Aus den erwarteten Mehreinnahmen in den nächsten fünf Jahren lässt sich zwar keine Reform finanzieren. Doch Stillstand in der Steuerpolitik ist keine Lösung – nicht für die Unternehmen, die im (Steuer-)Wettbewerb stehen, und nicht für eine Regierung, die für gute Standortbedingungen sorgen muss. Der Verweis des Bundesfinanzministers auf den Koalitionsvertrag ist unbefriedigend. Mehreinnahmen allein in Entwicklungshilfe und Verteidigung zu stecken zeigt nur die mangelnde Fähigkeit von Schwarz-Rot, sich bei strittigen, aber wichtigen Themen zu verständigen.