Lane sorgt sich wegen steigender Coronafälle

EZB-Chefvolkswirt: Eindämmung des Virus essenziell

Lane sorgt sich wegen steigender Coronafälle

ms Frankfurt – EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hat sich besorgt gezeigt angesichts der teilweise wieder stark ansteigenden Corona-Infektionszahlen in Europa und der möglichen Folgen für die Euro-Wirtschaft. “Wenn es einen anhaltenden Anstieg der Fälle gibt, schadet dies dem Vertrauen der Verbraucher und Investoren”, schrieb Lane gestern bei einer Frage-Antwort-Runde auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Die Eindämmung des Virus müsse oberste Priorität haben. Zugleich sagte er aber, dass das aktuelle Basisszenario der EZB ein “periodisches Wiederaufleben des Virus” unterstelle.Lanes Aussagen kommen zu einer Zeit, da wegen der deutlich zunehmenden Infektionszahlen in vielen Ländern Europas und der Eurozone die Angst vor einem zweiten Lockdown mit starken wirtschaftlichen Folgen wie im Frühjahr wächst. Dadurch gerät auch die Europäische Zentralbank (EZB) zunehmend unter Druck. Viele Beobachter sehen den Bedarf, die ohnehin bereits ultraexpansive Geldpolitik erneut zu lockern. Zuletzt haben auch einige Notenbanker bereits die Tür für eine weitere Lockerung aufgestoßen.Im Kampf gegen die Coronakrise und die Jahrhundertrezession im Euroraum hat der EZB-Rat seit März zu beispiellosen Maßnahmen gegriffen. Insbesondere hat er im März das Corona-Notfallankaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) aufgelegt, das er inzwischen bereits auf 1,35 Bill. Euro aufgestockt und bis Mitte 2021 verlängert hat. Die Euro-Wirtschaft hat sich nach dem beispiellosen Einbruch vor allem im April erholt, zuletzt aber schon wieder an Schwung verloren. Zugleich ist die Inflation im August erstmals seit 2016 unter 0 % gerutscht – was Sorgen vor einer Deflation schürt.Lane betonte nun, dass das Basisszenario der EZB unterstelle, dass im Laufe des nächsten Jahres eine “medizinische Lösung” gegen das Coronavirus gefunden werde. Zugleich sehe es in der Zwischenzeit durchaus vor, dass sich das Virus temporär wieder ausbreite. Diese Aussagen scheinen eher zu signalisieren, dass die EZB-Granden aktuell noch keinen akuten Handlungsbedarf sehen. Lanes Warnung vor einem anhaltenden Anstieg untermauert dagegen den Eindruck, dass der EZB-Rat notfalls jederzeit bereitsteht nachzulegen. Am Dienstag hatte EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta gesagt: “Die Risiken einer geldpolitischen Überreaktion sind viel geringer als die Risiken, dass die Geldpolitik zu langsam oder zu zögerlich reagiert und das schlimmste Szenario Wirklichkeit wird.”Lane sagte nun, dass es derzeit weniger um die Gefahr einer Deflation gehe, also einer Abwärtsspirale aus fallenden Preisen und sinkendem Wachstum. “Unsere Hauptsorge ist, dass die Inflation über einen übermäßigen Zeitraum unter unserem Ziel bleibt”, so Lane. Die EZB strebt auf mittlere Sicht unter, aber nahe 2 % Teuerung an. Das Ziel verfehlt sie im Grunde seit vielen Jahren.