Lane untermauert Handlungsbereitschaft der EZB

Chefvolkswirt nimmt zugleich die Fiskalpolitik in die Pflicht - Geldmengenwachstum legt weiter zu

Lane untermauert Handlungsbereitschaft der EZB

ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) steht laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane bereit, ihre ohnehin schon beispiellos expansive Geldpolitik weiter zu lockern, falls das wegen der Corona-Pandemie nötig werden sollte. Das machte Lane gestern in einem Interview mit CNBC deutlich. Entschieden stellte er sich gegen Argumente, die EZB verfüge kaum noch über Mittel zum Handeln. Zugleich machte er aber sehr klar, dass aus seiner Sicht die viel größere Rolle der Fiskalpolitik zukomme.”Wir stehen bereit, mehr zu tun bei Bedarf”, sagte Lane unmittelbar vor einem Auftritt bei der in diesem Jahr virtuell stattfindenden Notenbankertagung in Jackson Hole. Zentralbanken hätten viele Möglichkeiten – selbst in einer Welt niedriger oder negativer Zinsen: “Es gibt eine Menge, was wir tun können.” Die Notenbanken könnten aber auch nicht alle Probleme lösen. “Wir haben wirklich eine sehr begrenzte Rolle verglichen mit der Fiskalpolitik in diesem Umfeld”, so Lane.Lanes Aussagen dürften Spekulationen befeuern, dass die EZB im Kampf gegen die Coronakrise und die dadurch ausgelöste Jahrhundertrezession nachlegt und insbesondere ihr Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) aufstockt und verlängert. Aktuell hat es ein Volumen von 1,35 Bill. Euro und läuft bis Mitte 2021. Hintergrund der Spekulationen ist, dass die Erholung auch im Euroraum bereits an Schwung verliert und zugleich die Infektionszahlen vielerorts wieder steigen.Zugleich tobt im EZB-Rat aber durchaus eine Diskussion über das weitere Vorgehen in der Krise. Einige Notenbanker sind der Ansicht, dass das aktuell avisierte PEPP-Volumen von 1,35 Bill. Euro gar nicht ganz ausgeschöpft werden müsste, wenn es auch mit weniger ginge.Lane sagte nun gestern, dass gegenwärtig die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum den Prognosen der EZB entspreche. Die Notenbank sei aber willens und fähig zu reagieren, falls sich die Lage wieder eintrübe. Viel wichtiger sei aber nun die Fiskalpolitik. Auf EU-Ebene wird aktuell hart über das Anti-Corona-Fiskalpaket gerungen.Unterdessen zeigten gestern neue Daten der EZB, dass sich das zuletzt ohnehin schon rasante Wachstum der Geldmenge im Euroraum im Juli noch einmal beschleunigt hat. Mit 10,2 % lag das Plus bei der breiten Geldmenge M3 gar erstmals seit 2008 im zweistelligen Bereich. Auch die enger gefasste Geldmenge M1, die nach verbreiteter Einschätzung ein guter Frühindikator ist, legte noch einmal stärker zu – um 13,5 % nach 12,6 %. Zugleich verharrt die Kreditvergabe speziell an Unternehmen auf hohem Niveau. Im Juli vergaben die Banken 7,0 % mehr Kredite an Firmen (siehe Grafik).Die neuen Daten dürften die Euro-Hüter in ihrer Einschätzung bestätigen, dass ihre beispiellosen Maßnahmen im Kampf gegen die Coronakrise und die Jahrhundertrezession wirken und ihre Geldspritzen in der Wirtschaft ankommen. Volkswirte schränken aber ein, dass die Daten noch kein Signal für eine stärkere Investitionstätigkeit seien. Zugleich spreche zwar trotz der aufgeblähten Geldmengen auch wenig für einen raschen Anstieg der Inflation, solange der Arbeitsmarkt schwächele. Es gebe aber die Gefahr neuer Blasen bei den Vermögenspreisen, warnt nicht zuletzt die Commerzbank.