Energiedebatte

Langfristige Verlängerung von Strompreisbremse gefordert

Eine Verlängerung der Energiepreisbremsen bis ins nächste Frühjahr hinein findet immer mehr Befürworter. Die Gewerkschaften wollen sogar eine Verlängerung bis 2030, inklusiver der Einbindung eines Industriestrompreises. Ein solcher bleibt aber umstritten. Zweifel kamen jetzt unter anderem vom DIW.

Langfristige Verlängerung von Strompreisbremse gefordert

Strompreisbremse rückt in den Fokus

Gewerkschaften machen sich für langfristige Verlängerung stark – Industriestrompreis bleibt umstritten

Eine Verlängerung der Energiepreisbremsen bis ins nächste Frühjahr hinein findet immer mehr Befürworter. Die Gewerkschaften wollen sogar eine Verlängerung bis 2030, inklusive der Einbindung eines Industriestrompreises. Ein solcher bleibt aber umstritten. Zweifel kamen jetzt unter anderem vom DIW.

ahe Berlin

In der Debatte um Maßnahmen gegen die hohen Strompreise kommen immer neue Vorschläge auf den Tisch. So werden jetzt Forderungen lauter, die aktuellen Energiepreisbremsen über das Jahresende hinaus zu verlängern. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) befürwortete am Mittwoch einen Vorschlag, die Preisbremsen zu modifizieren und sogar bis 2030 zu verlängern und in dieses Paket auch einen Industriestrompreis zu integrieren. Widerspruch kommt dagegen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Die Stromkostenschocks dürften viel weniger Firmen treffen, als es die aktuelle Diskussion erahnen lässt“, heißt es hier.

Der Volkswirtschaftler Tom Krebs, Professor an der Universität Mannheim, legte am Mittwoch eine im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erstellte Studie vor, in der er eine Strompreisbremse perspektivisch bis 2030 forderte, um Planungssicherheit zu schaffen. Sein Konzept sieht vor, Stromkunden mit einem Jahresverbrauch von über 30.000 Kilowattstunden (kWh) einen Nettopreis von 10 Cent/kWh zu garantieren. Bei einem geringeren Verbrauch soll die Garantie bei 35 Cent/kWh brutto liegen. Und energieintensive Unternehmen, die eine Transformationsverpflichtung eingehen und Standort- und Beschäftigungsgarantien abgeben, sollen ihren Strom für netto nur 6 Cent/kWh erhalten, bei Tarifbindung sogar nur für 5 Cent/kWh.

Die besondere Förderung von energieintensiven Branchen begründete Krebs mit der besonderen Rolle, die diese Unternehmen im Wertschöpfungsprozess spielen. Die Verlängerung einer modifizierten Strompreisbremse würde seinen Berechnungen zufolge insgesamt 20 bis 60 Mrd. Euro bis 2030 kosten, je nach Entwicklung der Strom-Börsenpreise. Die Finanzierung sollte aus Mitteln des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) erfolgen, der bereits zur Finanzierung der aktuellen Gas- und Strompreisbremse verwendet wird.

Beifall für Verlängerung bis April

Das aktuelle Konzept eines Industriestrompreises von 6 Cent/kWh von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) soll dagegen 25 bis 30 Mrd. Euro kosten. Er will auch noch 80% des Verbrauchs subventionieren. Bei Krebs sind es 100%. Unterstützung für die neuen Vorschläge kam von der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi. „Die Strompreisbremse wirkt“, sagte sie. Sie sei jedoch nicht ausreichend und müsse daher verlängert und in diesem Zuge an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden.

Bei den aktuellen Preisbremsen wird seit März der Preis für einen Großteil des Verbrauchs der Privathaushalte gedeckelt. Die Obergrenze liegt für Strom bei 40 Cent/kWh und für Gas bei 12 Cent/kWh. Die Bremsen gelten für 2023. Eine Verlängerung bis April 2024 ist laut Gesetz möglich. Habeck hatte sich schon für einen solchen Schritt ausgesprochen und erhielt jetzt noch einmal Rückendeckung von seiner Parteikollegin, Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke: "Auch wenn sich die Lage auf den Energiemärkten in den letzten Monaten entspannt hat, ist die Gefahr kurzfristig steigender Preise im nun bevorstehenden Winter nicht gebannt", sagte sie. Ähnlich äußerten sich auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm und Ramona Pop, Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands.

Anders als die Befürworter eines Industriestrompreises hält das DIW eine Abwanderungswelle von Unternehmen aufgrund der aktuellen Strompreise für „unwahrscheinlich“. Das DIW simulierte die Auswirkungen steigender Preise für energieintensive Betriebe und kam zu dem Schluss, dass selbst extreme Kostensteigerungen nur wenige Unternehmen in einigen eng definierten Industriezweigen nennenswert belasten würden. Eine „Brückenfunktion“ eines Industriestrompreises bis 2030 hält das DIW zugleich für unrealistisch. Einige energieintensive Branchen würden noch länger mit Wettbewerbsnachteilen zu kämpfen haben.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.