Lautenschläger warnt vor QE

EZB-Direktorin lehnt breite Staatsanleihekäufe ab - Intensive Debatte über Aussetzen der Verlustteilung

Lautenschläger warnt vor QE

Die Inflation in Euroland ist im Dezember unter null gefallen. Es gilt als ausgemacht, dass die EZB mit Staatsanleihekäufen gegensteuert. Aber es gibt Widerstand – und heikle offene Punkte.ms Frankfurt – Trotz der unter 0 % gesunkenen Euro-Inflation hat EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger ihr Nein zu breiten Staatsanleihekäufen durch die Europäische Zentralbank (EZB) untermauert und vor diesem Instrument gewarnt. “Der Nutzen und die Risiken eines solchen Programms müssen in einem vernünftigen Verhältnis stehen; das sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht”, sagte sie dem “Spiegel”.Lautenschläger äußerte sowohl Zweifel an der Notwendigkeit, derzeit zu einer solchen quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE) zu greifen, als auch daran, dass das die Kreditvergabe und die Wirtschaft deutlich beleben könnte. Sie warnte zudem, QE könne die Staaten verleiten, mehr Schulden zu machen. Genauso argumentiert auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann.Die kritische Haltung Lautenschlägers zu QE ist nicht neu. Dass sie diese jetzt wiederholt, ist aber bemerkenswert, zeigt es doch, dass auch der Rückgang der Inflation und die rückläufigen Inflationserwartungen ihre Position nicht geändert haben. Die Teuerung ist im Dezember auf – 0,2 % gerutscht. Grund dafür ist der Verfall der Ölpreise. Die EZB strebt mittelfristig knapp 2 % an.Lautenschläger geht damit weiter auf Konfrontationskurs zu EZB-Präsident Mario Draghi, der seit einiger Zeit den Weg für ein solches QE ebnet. Ungeachtet Lautenschlägers Widerstand scheint Draghi auf eine Mehrheit im EZB-Rat setzen zu können. Trotzdem kann ihm das nicht wirklich schmecken: Ihm wäre es sicher lieber, zumindest das sechsköpfige Direktorium auf Linie zu haben. Zudem müsste er so QE im Zweifelsfall gegen beide deutschen Notenbanker beschließen lassen. Das dürfte die Kritik im Lande an QE befeuern.Nichtsdestoweniger steuert die EZB auf QE zu. Im informellen Teil der nicht geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats Mitte der Woche wurde wie erwartet intensiv darüber diskutiert. Das nächste geldpolitische Treffen steht am 22. Januar an. Die EZB hat avisiert, dass sie die Bilanz des Eurosystems um rund 1 000 Mrd. Euro ausweiten will. Laut Medienberichten stand jetzt bei der Sitzung für die Staatsanleihekäufe ein Volumen von 500 Mrd. Euro im Raum. Entschieden ist aber nichts, und nach wie vor wird über viele Punkte heftig gerungen – etwa, welche Papiere genau gekauft werden und wie mit möglichen Verlusten umgegangen wird (vgl. BZ vom 20.12.2014).Mit Blick auf mögliche Verluste wird nach Angaben aus Notenbankkreisen sehr intensiv diskutiert, die Risikoteilung aufzuheben. Bislang werden in der Regel alle Verluste aus geldpolitischen Geschäften anteilig am EZB-Kapitalschlüssel unter den Euro-Notenbanken verteilt. Nun könnte jede Notenbank auch auf eigenes Risiko Anleihen des eigenen Landes kaufen. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hatte diese Option zum Jahreswechsel im Interview der Börsen-Zeitung auch explizit genannt (vgl. BZ vom 31.12.2014).In Notenbankkreisen wird argumentiert, dass so das Risiko wieder auf die Staaten zurücktransferiert werden könnte. Einigen gilt das als Möglichkeit, die einheitliche Geldpolitik zu schützen, weil es den Aspekt der Umverteilung von Risiken zwischen den Euro-Ländern ausklammert. Zumindest einige Notenbanker aber sehen durchaus die Gefahr, dass dies ein erster Schritt hin zu einer Renationalisierung der Geldpolitik sein könnte. Zudem könnte der Effekt des QE-Programms abnehmen. In der Bundesbank gibt es Sympathie für diese Lösung. Andere Bedenken Weidmanns gegen QE würden aber nicht ausgeräumt. Zudem sieht er aktuell keinen Handlungsbedarf.Eine wichtige Frage bei einer solchen Lösung wäre, ob zentral entschieden wird, was gekauft wird – und nicht jede Notenbank für sich entscheidet. Praktisch könnte das aber bedeuten, dass eine Notenbank vorgeschrieben bekommt, was sie zu kaufen hat – das aber auf eigenes Risiko tun muss. Vorstellbar ist auch, dass es eine Mischung gibt, bei der es für einige Papiere weiter eine Verlustteilung gibt, für andere nicht – etwa abhängig vom Risiko. Bei Staatstiteln gilt eine solche Zweiteilung zumindest einigen aber als politisch heikel.Heftig gerungen wird dem Vernehmen nach im EZB-Rat auch darum, wie mit griechischen Titeln umgegangen werden soll (vgl. BZ vom 9. Januar). “Ich persönlich finde es problematisch, ein Kaufprogramm für Staatsanleihen einschließlich griechischer Bonds im Januar anzukündigen”, sagte Estlands Notenbankchef Ardo Hansson am Freitag der Nachrichtenagentur Bloomberg, mit Blick auf die Neuwahlen am 25. Januar. Hansson steht QE aktuell aber auch generell kritisch gegenüber.