"Letzte Chance" für Brexit mit Deal

May will Unterhaus über weiteres Referendum entscheiden lassen - Innerparteiliche Opposition wächst

"Letzte Chance" für Brexit mit Deal

Theresa May hat die aus ihrer Sicht “letzte Chance” vorgestellt, die EU mit einer Übereinkunft zu verlassen. Sie will das Unterhaus über ein weiteres Referendum abstimmen lassen – aber nur wenn es der Withdrawal Agreement Bill zustimmt, die ihrem Deal mit Brüssel den Weg bereiten soll. hip London – Die britische Premierministerin Theresa May hat den Unterhausabgeordneten die Möglichkeit angeboten, über ein weiteres Referendum abzustimmen – aber nur, wenn sie Anfang Juni der Withdrawal Agreement Bill zustimmen, die dem bereits mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag den Weg bereiten soll. “Nein danke”, twitterte der Labour-Abgeordnete Peter Kyle, der sich für ein erneutes EU-Referendum starkmacht. “Die Premierministerin hat soeben eine ganze Menge Versprechungen im Namen des nächsten Premierministers gemacht. Das wird wahrscheinlich jemand sein, der wiederholt gegen genau die von ihr angekündigten Dinge gestimmt hat.” May will den Abgeordneten auch die Möglichkeit geben, eine zeitlich befristete Zollunion mit der EU einzuleiten. Das Gesetz, das heute vorgestellt werden soll, werde auch das Versprechen enthalten, alternative Arrangements für den umstrittenen Backstop zu finden – ein Zugeständnis an die nordirischen Unionisten, ohne die May im Unterhaus keine Mehrheit hätte. Die Democratic Unionist Party hatte allerdings gefordert, die Passagen zu Nordirland im Austrittsvertrag neu zu verhandeln. Durch den Backstop soll eine “harte” Grenze vermieden werden, wenn künftig die EU-Außengrenze durch die Grüne Insel verläuft und sich beide Seiten auf keine bessere Lösung einigen können. Für den Fall, dass er eines Tages in Kraft treten sollte, will May sicherstellen, dass dann in Großbritannien die gleichen Regeln gelten wie in Nordirland. Das würde allerdings bedeuten, dass das Vereinigte Königreich sich in weit größerem Umfang an europäische Gesetze und Regeln halten müsste. “Absolute Streiterei”Zuvor war es in der wöchentlichen Kabinettssitzung, die fast drei Stunden in Anspruch nahm, zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Austrittsbefürwortern und -gegnern gekommen. Es sei eine “absolute Streiterei” gewesen, als es um mögliche Änderungen an der gemeinsamen Erklärung zu den künftigen Beziehungen wie etwa eine Zollunion gegangen sei, zitierte der “Evening Standard” eine nicht genannte Quelle. Das Kabinettsmitglied Andrea Leadsom, die einst für den Parteivorsitz kandidiert hatte und sich erneut in Stellung gebracht hat, hatte zuvor erklärt, der Withdrawal Agreement Bill nur dann zustimmen zu wollen, wenn sie nicht allzu sehr verändert wird. Großbritannien solle auch weiterhin bereit sein, gegebenenfalls vom Verhandlungstisch aufzustehen und einen “No Deal”-Brexit in Kauf zu nehmen.Der prominente Brexit-Befürworter Jacob Rees-Mogg sagte vor der Kabinettssitzung, er habe, als der Austrittsvertrag dem Unterhaus ein drittes Mal vorgelegt wurde, nur deshalb dafür gestimmt, weil er die Einhaltung des Zeitplans für den EU-Austritt sicherstellen wollte. “Nachdem wir bereits eine Verzögerung haben, ist es schwer, sich einen guten Grund für ein Gesetz auszumalen, durch das wir die Teilnahme an den Europawahlen nicht vermeiden, das uns nicht rechtzeitig aus der EU herausbringt, das den Prozess nicht in eine Richtung bewegt, die unter einer neuen Führung hätte funktionieren können”, sagte der parteiinterne Gegner Mays. Das Gesetz, das May kommende Woche dem Parlament vorlegen will, sei ein “Mühlstein um den Hals des neuen Parteiführers”. Weitere Austrittsbefürworter wie Simon Clarke kündigten nach ihrer Rede an, gegen Mays Plan zu stimmen. Beunruhigender für ihr Team in der Downing Street dürfte dagegen sein, dass auch Abgeordnete wie Andrew Percy oder Robert Halfon, die ihn zuletzt unterstützten, nicht mehr dafür stimmen wollen. Auch die schottischen Nationalisten haben Mays Vorschläge bereits abgelehnt.In der kurzen Fragerunde mit Journalisten nach Mays Auftritt ging es fast ausschließlich um die Frage, wann sie ihr Amt niederlegen wird, worauf sie sich natürlich nicht einlassen wollte. Dabei ist der Machtkampf in der Partei voll entbrannt.Unterstützung erhielt die Tory-Parteichefin zuletzt von unerwarteter Seite: “Obwohl ich grundsätzlich anderer Meinung bin als Theresa May, wenn es um das Endergebnis des Brexit geht, wäre es nicht im Interesse des Landes, dass sie entfernt wird, bevor der Brexit auf dem Weg zu einer Lösung ist”, schrieb der ehemalige Labour-Premierminister Tony Blair in einem Gastbeitrag für den “Evening Standard”. “Und es wäre eine weitere Kalamität – als würden wir noch weitere benötigen -, wenn es mitten im anhaltenden Brexit-Stillstand zu einem Wettstreit um die Führung der Konservativen Partei käme.” Er riet May, nicht danach zu streben, den Vollzug des EU-Austritts zu ihrem politischen Vermächtnis zu machen, sondern eine Lösung des Brexit-Dilemmas.Schatzkanzler Philip Hammond warf “No Deal”-Befürwortern vor, der britischen Wirtschaft und dem Lebensstandard der Bevölkerung bewusst Schaden zuzufügen. Die Kampagne von “Vote Leave” 2016 habe dafür argumentiert, die EU mit einem Deal zu verlassen.