Letzte Chance für Mays Deal

Austrittsvertrag wird ein drittes Mal zur Abstimmung vorgelegt, aber ohne die gemeinsame Erklärung

Letzte Chance für Mays Deal

Wenn das britische Unterhaus heute über den EU-Austrittsvertrag abstimmt, könnte Theresa May die Zustimmung der Abgeordneten zu ihrem Deal noch innerhalb der von der EU gesetzten Frist erhalten. Der ursprünglich auf den heutigen Tag festgelegte Austrittstermin verschöbe sich dadurch auf den 22. Mai.hip London – Die britische Premierministerin Theresa May will den von der Verwaltung mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag heute ein drittes Mal dem Unterhaus vorlegen. Dass es dazu kommt, hat sie Speaker John Bercow zu verdanken. Er hatte zuvor angekündigt, dass er eine erneute Vorlage des unveränderten Texts nicht zulassen werde. Die Regierung konnte ihm dadurch begegnen, dass sie über den Austrittsvertrag und die politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen getrennt abstimmen lassen will. Es ist demnach kein “aussagekräftiges Votum” im Sinne des Austrittsgesetzes mehr. Von Brüssel wurde lediglich die Zustimmung des Parlaments zum Austrittsvertrag zur Bedingung dafür gemacht, die Austrittsfrist bis zum 22. Mai zu verlängern. Ursprünglich sollte der Austritt heute vollzogen werden. “Alles, was wir über morgen wissen, ist, dass Freitag ist”, sagte der konservative Abgeordnete Nigel Evans gestern der BBC. “Blinder Brexit”Ein Abstimmungserfolg der Regierung zeichnet sich nicht ab. Die Abgeordneten der Democratic Unionist Party (DUP) verweigern May bislang die Gefolgschaft. Ohne die zehn Mandate der Unionisten verfügen die Konservativen über keine Mehrheit im Parlament. Prominente Austrittsbefürworter wie Boris Johnson und Jacob Rees-Mogg zeigten sich zuletzt kompromissbereit, aber rund 20 Brexiteers werden wohl auf keinen Fall für den Vorschlag der Regierung stimmen. Und die Opposition kritisierte das Vorhaben als “blinden Brexit”. Man solle einen Austritt absegnen, ohne dabei zu wissen, wohin die Reise gehe. Die Ungewissheit werde durch die Ankündigung Mays, ihr Amt niederzulegen, wenn die erste Phase des Brexit abgeschlossen sei, noch verstärkt, sagte Keir Starmer, der bei Labour für das Thema verantwortlich zeichnet. “Meine größte Sorge ist, dass das Ergebnis der Verhandlungen vom Ergebnis des nächsten Kampfes um die Tory-Führung bestimmt wird, wenn das Parlament jetzt nicht Position bezieht”, sagte Starmer. Es könne ein “Boris-Johnson-Brexit” werden. Labour werde dagegen stimmen.Findet sich keine Mehrheit für Mays Deal, hat Großbritannien nur noch bis zum 12. April Zeit, die nötigen Gesetze zu beschließen, bevor das Land ohne eine Übereinkunft mit der EU die Staatengemeinschaft verlässt. Wie der “Telegraph” berichtet, haben Vertreter von EU-Staaten in Brüssel bereits damit begonnen, über den Preis zu sprechen, den man Großbritannien nach einem solchen Hard Brexit für eine Aufnahme der Gespräche über die künftigen Handelsbeziehungen abverlangen könnte. Die EU habe vor, die Zahlung der Austrittsgebühr von 39 Mrd. Pfund oder ein dem umstrittenen Backstop für Nordirland ähnelndes Arrangement zur Vorbedingung von Verhandlungen zu machen. “Die Erwartung ist, dass Großbritannien ziemlich schnell mit der Bitte zurückkommt, die zentralen Verbindungen und Prozeduren sicherzustellen, die für das Überleben der britischen Wirtschaft wichtig sind”, zitiert das konservative Blatt einen nicht namentlich genannten EU-Diplomaten. “Um zu verhindern, dass die Einheit der EU-27 in dieser Phase zerbricht, bespricht die EU bereits jetzt, was ihr Preis dafür wäre, solche Verhandlungen aufzunehmen.” Achtungserfolg für Ken ClarkeBei einer Reihe von “indikativen” Abstimmungen über verschiedene Brexit-Varianten, die von Oliver Letwin (Tories) vorgeschlagen worden war, hatte es am Mittwochabend keine Mehrheit für irgendetwas gegeben. Dabei waren Mehrfachnennungen möglich. Die größte Unterstützung fand ein Antrag der ehemaligen Labour-Außenministerin Margaret Beckett, der vorsah, dass auf eine Billigung des EU-Austrittsvertrags im Parlament ein “bestätigendes” Referendum folgen sollte. 268 Abgeordnete stimmten dafür, 295 dagegen. Der ehemalige Schatzkanzler Kenneth “Ken” Clarke erhielt für seinen Vorschlag einer permanenten Zollunion mit der EU 264 Stimmen. 272 Abgeordnete lehnten ihn ab. Für Jeremy Corbyns Brexit-Plan stimmten nicht einmal alle Labour-Abgeordneten. Auch der ehemalige Cameron-Gefolgsmann Nick Boles (Tories) ging mit seiner Idee vom “Gemeinsamen Markt 2.0” unter. Lediglich 188 Abgeordnete gaben ihm ihre Unterstützung.Für einen Widerruf des Austrittsgesuchs, wie von Joanna Cherry von der Scottish Nationalist Party (SNP) gefordert, fanden sich 184 Stimmen – erstaunlich, wenn man bedenkt, dass in den Wahlprogrammen der großen Parteien das Bekenntnis zum Brexit enthalten war und die SNP nur über 35 Mandate verfügt. Für einen “No Deal”-Brexit votierten 160 Abgeordnete. Für einen “Managed No Deal”, bei dem Großbritannien für einen zweijährigen Übergangszeitraum bezahlen würde, um anschließend Handel auf Grundlage der WTO-Regeln zu betreiben, konnten sich nur 139 Volksvertreter begeistern, für eine Efta-Mitgliedschaft gerade einmal 65.