Lob und Schelte für Türkei auf EU-Gipfel
ahe Brüssel – Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt sich trotz der angespannten Beziehungen zur Türkei für die Freigabe weiterer Mittel für die Umsetzung des Flüchtlingsabkommens mit dem Land ein. Die Türkei leiste “Herausragendes” in der Flüchtlingsfrage, lobte Merkel gestern vor Beginn eines EU-Gipfels in Brüssel. Der Türkei seien im Zuge des Flüchtlingspakts bereits weitere 3 Mrd. Euro versprochen worden. “Dieses Versprechen sollten wir auch einhalten”, sagte sie.Ungeachtet dessen will die CDU-Vorsitzende an anderer Stelle die Gelder an Ankara kürzen. Sie verwies darauf, dass die gesamte rechtsstaatliche Entwicklung in der Türkei aktuell “sehr negativ einzuschätzen” sei – nicht nur, weil zahlreiche Deutsche verhaftet worden seien. “Wir haben hier sehr große Sorgen”, sagte Merkel. Daher werde sie sich dafür einsetzen, dass die EU-Vorbeitrittshilfen für das Land gekürzt würden. Diese Hilfen sind auf insgesamt 4,45 Mrd. Euro bis 2020 veranschlagt. Davon sind 368 Mill. Euro bisher vertraglich gebunden.Merkel hatte das Thema Türkei auf die Tagesordnung des Gipfels setzen lassen. Eine Entscheidung – zum Beispiel zum offiziellen Abbruch der Beitrittsgespräche – ist aber nicht zu erwarten. Dieser müsste auch einstimmig erfolgen, und die Meinungen hierüber gehen in den einzelnen EU-Staaten noch weit auseinander. Auch der dänische Regierungschef Lars Løkke Rasmussen sagte, die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan sei “eine Türkei, die nicht in die EU gehört”. Er wisse aber, dass er nicht die Unterstützung der anderen Regierungschefs habe, die Beitrittsverhandlungen zu stoppen. Asylsystem im FokusDer EU-Gipfel diskutierte gestern in Brüssel auch noch über eine Reform des EU-Asylsystems und insbesondere der Dublin-Vorschriften. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani betonte, in der aktuellen Migrationskrise habe man feststellen können, dass dieses System “nicht nur ungerecht, sondern auch ineffizient” sei. Tajani rief die EU-Staaten dazu auf, möglichst rasch Einvernehmen hierüber zu erzielen, damit interinstitutionelle Verhandlungen starten und noch vor der Europawahl 2019 eine europäische Einigung beim Thema Asyl gefunden werden kann.Im EU-Parlament veröffentlichte der zuständige Ausschuss gestern bereits Reformvorschläge. Darin heißt es auch, dass EU-Länder, die sich weigern, Asylbewerber aufzunehmen, nur noch beschränkt auf EU-Mittel zugreifen können sollen.