Lockdown verunsichert Verbraucher
ba Frankfurt
Die Corona-Pandemie beschert der deutschen Wirtschaft ein schwieriges erstes Quartal, und auch der Aufschwung wird nicht ganz so dynamisch ausfallen wie lange erhofft. Dies spiegelt sich nicht nur in der eingebrochenen Verbraucherstimmung wider, sondern auch im DIW-Konjunkturbarometer. Die Bundesregierung erwartet wegen des verlängerten Lockdowns nun auch eine schwächere Erholung der Wirtschaft in diesem Jahr.
Die Schließung von Gastronomie und weiten Teilen des Handels, gestiegene Jobsorgen und die wohl wieder zunehmende Kurzarbeit haben die Verbraucherstimmung im Januar ähnlich hart getroffen wie im vergangenen Frühjahr, so dass die Marktforscher der GfK ein Konsumklima für Februar von –15,6 Punkten nach –7,5 im Januar prognostizieren. Ökonomen hatten einen Rückgang auf –7,9 Zähler erwartet. Eine schlechtere Stimmung ergab die monatliche Umfrage unter 2000 Konsumenten.
GFK-Experte Rolf Bürkl nennt als Hauptursache den Absturz der Anschaffungsneigung um 36,6 auf 0 Punkte – während des ersten Lockdowns im April 2020 brach der Indikator um 36 Punkte ein. „Der Sturzflug der Anschaffungsneigung bei einem gleichzeitig nur geringen Rückgang der Konjunkturerwartungen legt nahe, dass für einen guten Teil der Stimmungseintrübung auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer mitverantwortlich war“, schränkte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle laut Reuters allerdings ein. Seit Jahresbeginn gilt wieder der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19% – die Reduzierung auf 16% im vergangenen halben Jahr hat wohl zu einer vorgezogenen Nachfrage geführt. Die Einkommensaussichten trübten sich zum vierten Mal in Folge ein. Die stabile Entwicklung der Konjunkturerwartungen führt Bürkl „auf einen angesichts der tiefen Rezession stabilen Arbeitsmarkt zurück“. Zudem sei ein wesentlicher Teil der deutschen Wirtschaft, das verarbeitende Gewerbe, nicht von Schließungen betroffen.
Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier wies bei der Vorstellung des gestern vom Kabinett genehmigten Jahreswirtschaftsberichts auf das gespaltene Konjunkturbild hin – während die exportstarke Industrie, die 2018/2019 noch das Sorgenkind war, nun „besonders gut durch die Krise gekommen ist“, seien die Dienstleister stark betroffen. Insgesamt erwartet er ein Wirtschaftswachstum von 3,0% für dieses Jahr – zuvor waren 4,4% erwartet worden. 2020 war die Wirtschaft um 5,0% eingebrochen. Die revidierte Prognose stehe „auf sicherem Grund“ und beinhalte Puffer, falls der Lockdown abermals verlängert werden sollte. Hoffnung mache, dass die Infektionszahlen abflachen, doch sei die Lage weiter ernst, die Gefahr der Virus-Mutante noch nicht ausgestanden. Es sei daher noch nicht der richtige Zeitpunkt, um öffentlich über Lockerungsschritte zu sprechen. Als „gute Nachricht“ bezeichnete Altmaier, dass der seit September zu beobachtende Aufschwung sich auch in diesem Jahr fortsetze, wenn auch weniger dynamisch. Das Erreichen des Vorkrisenniveaus erwartet er nun für Mitte 2022. In der Herbstprognose war dies für den Jahreswechsel 2021/2022 avisiert.
Die Bundesregierung werde alles tun, um den Aufschwung zu verstetigen, versprach Altmaier. Er sprach sich erneut dafür aus, Sozialabgaben und Steuern zu stabilisieren und Firmen bei der Bürokratie zu entlasten. „Es würde niemand verstehen, wenn wir in der Krise die Steuern erhöhen“, betonte der Wirtschaftsminister. Er verwies auch darauf, dass es durch die Wirtschaftshilfen von knapp 80 Mrd. Euro, das Konjunkturpaket von 130 Mrd. Euro und die 23 Mrd. Euro Kurzarbeitergeld gelungen sei, „die Substanz der Volkswirtschaft im Kern zu sichern und die übergroße Mehrheit der Arbeitsplätze und Unternehmen zu erhalten“.
Auch das DIW sieht die deutsche Wirtschaft auf einem „langen und steinigen Weg, bevor sie wieder wachsen kann“, wie DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen sagte. Gemessen am DIW-Konjunkturbarometer wird die Wirtschaft nach der Stagnation zum Jahresende 2020 im ersten Quartal um 3% einbrechen.