London plant niedrigere Körperschaftsteuer
hip London – Schatzkanzler George Osborne hat die Phase der Verhandlungen über das künftige Verhältnis zwischen Großbritannien und der EU mit der Ankündigung eröffnet, die Körperschaftsteuer unter 15 % drücken zu wollen. Vor dem Referendum über die EU-Mitgliedschaft hatte er für den Fall eines Votums für den Austritt Steuererhöhungen und Leistungskürzungen angedroht. Nun sprach er in einem Interview der “Financial Times” davon, eine “super-wettbewerbsfähige” Volkswirtschaft mit globaler Ausrichtung schaffen zu wollen. Osborne hatte bereits im März angekündigt, den Steuersatz bis 2020 auf 17 % zu senken. Derzeit beläuft er sich auf 20 %. Würde er auf weniger als 15 % sinken, hätte Großbritannien unter den führenden Volkswirtschaften der Welt mit Abstand die niedrigste Körperschaftsteuer. “Wir müssen uns auf den Horizont und die Reise, die vor uns liegt, konzentrieren und das Beste aus dem Blatt machen, das wir auf der Hand haben”, zitiert ihn das Blatt. In Irland sorgten die Nachrichten aus London für Beunruhigung, gehört doch der Körperschaftsteuersatz von 12,5 % zu den Hauptargumenten, um Firmen dazu zu bewegen, sich auf der Grünen Insel anzusiedeln.Seit dem Votum für den Brexit haben Londons Fachanwälte Hochkonjunktur. Die Kanzlei Mishcon de Reya will im Auftrag von nicht genannten Firmenkunden sicherstellen, dass die Regierung das Austrittsverfahren nach Artikel 50 nicht ohne Zustimmung des Parlaments einleiten kann. Es gehe um Rechtssicherheit, sagte Kasra Nouroozi, Partner bei Mishcon de Reya. “Das Ergebnis des Referendums ist nicht rechtsverbindlich. Es wäre unrechtmäßig, wenn der derzeitige oder der künftige Premierminister Artikel 50 ohne Zustimmung des Parlaments aktivieren würde.” Die endgültige Entscheidung werde vom Parlament getroffen, unter Berücksichtigung des Abstimmungsergebnisses und “anderer Faktoren”.Im Parlament haben die Befürworter des Verbleibs in der Staatengemeinschaft die Oberhand. Allerdings wäre es politischer Selbstmord, wenn sich Abgeordnete gegen das klare Votum der Bevölkerung stellen würden. Ohne Auflösung des Parlaments sei schwer vorstellbar, wie man so etwas rückgängig machen könnte, sagt der bei Morgan Stanley für Großbritannien zuständige Chefvolkswirt Jacob Nell (vgl. BZ vom 28. Juni). Für eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen wären entweder zwei erfolgreiche Misstrauensvoten oder die Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten nötig. Dazu müsste ein Drittel der konservativen Volksvertreter mit der Opposition stimmen. Das werde nicht passieren, denn man wisse, dass derart gespaltene Parteien vom Wähler abgestraft werden.