London und Tokio setzen auf Freihandel
hip London – Großbritannien und Japan haben sich auf die Grundzüge eines Freihandelsabkommens geeinigt, das im kommenden Jahr in Kraft treten soll. Es ist das erste Mal seit dem Brexit, dass das Vereinigte Königreich eine solche Übereinkunft erzielen konnte. Die Schnelligkeit, in der dies möglich war, erklärt sich unter anderem daraus, dass man auf das Abkommen zwischen Japan und der EU aufsetzen konnte. Unterdessen liefen die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zur EU in London weiter. Im Vergleich zum wirtschaftlichen Austausch mit dem bislang größten Handelspartner geht es beim Abkommen mit Japan um keine großen Volumina. Es dürfte das Bruttoinlandsprodukt um gerade einmal 1,5 Mrd. Pfund bzw. 0,07 % erhöhen. Doch gilt es als Sprungbrett zur Teilnahme am Comprehensive & Progressive Agreement for TransPacific Partnership (CPTPP), das aus der Trans-Pacific Partnership (TPP) hervorgegangen ist. Ihm gehören Länder wie Kanada, Mexiko und Singapur an. Japan wird eine Aufnahme Großbritanniens unterstützen.Im Falle eines Wahlsiegs von Joe Biden im November dürften auch die Vereinigten Staaten wieder Interesse zeigen, schließlich wurde die von Donald Trump verschmähte TPP von Bidens ehemaligem Chef Barack Obama ausgehandelt. Würde Großbritannien noch vor Bidens Amtsantritt aufgenommen, bekäme das Land gewissermaßen durch die Hintertür Zugang zum US-Markt. Die Finanzlobby The City UK begrüßte die im Abkommen mit Japan vorgesehene Einrichtung eines jährlichen Forums zur Finanzregulierung. “Das wird dazu beitragen, unnötige Restriktionen beim grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen abzubauen”, sagte CEO Miles Celic. Drei Fünftel aller von Großbritannien nach Japan exportierten Dienstleistungen sind Finanzdienstleistungen. Mike Hawes, der CEO des Autoverbands SMMT, sprach von einem “wesentlichen Meilenstein” für die Branche, betonte aber zugleich die Wichtigkeit einer Einigung mit Brüssel. Erholung verliert an Schwung Die wirtschaftliche Erholung verlor unterdessen etwas an Schwung. Wie das Statistikamt ONS mitteilte, verlangsamte sich das Wachstum des britischen Bruttoinlandsprodukts von 8,7 % im Juli auf 6,6 %. Damit hat die britische Wirtschaft von Mai bis Juli gerade einmal die Hälfte des Absturzes wettgemacht, der durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie ausgelöst wurde. “Es ist kein V”, schrieben die Volkswirte von Bank of America in einer ersten Einschätzung zur Form der Erholung. Andy Haldane, der Chefvolkswirt der Bank of England, hatte noch im vergangenen Monat an seiner Vorhersage festgehalten, dass es zu einer V-förmigen Erholung kommen werde.Einer Umfrage des Meinungsforschers Demos zufolge sorgt der Umgang mit der Pandemie für mehr Zwietracht als der EU-Austritt. Drei Fünftel (58 %) derjenigen, die Gesichtsmasken tragen, haben eine “sehr negative Einstellung” gegenüber denjenigen, die das nicht tun. Mehr als zwei Drittel (68 %) derjenigen, die sich an die Regeln halten, sehen Regelverletzer sehr negativ. Zum Vergleich: Nur ein Drittel der Remainer ist den Brexiteers feindlich gesonnen. Umgekehrt ist es lediglich ein Fünftel.