Luis de Guindos und die spanischen Personalsorgen
ths – Die Enttäuschung stand den Mitgliedern der spanischen Regierung ins Gesicht geschrieben, nachdem Wirtschaftsminister Luis de Guindos im Rennen um den Vorsitz der Eurogruppe am Montag gegenüber seinem niederländischen Kollegen und Amtsinhaber Jeroen Djisselbloem den Kürzeren zog. In Spanien hagelt es seitdem Kritik an Ministerpräsident Mariano Rajoy, unter dem das Land außenpolitisch weiter an Gewicht verloren hat, zumindest was die Besetzung von internationalen Spitzenposten anbelangt. Lange vorbei ist die Zeit, als Spanier an der Spitze des IWF und der NATO standen.De Guindos selbst lieferte gestern eine Erklärung für seine gescheiterte Kandidatur. “Vor einigen Jahren hatte Spanien eine bedeutende Präsenz, doch infolge unserer wirtschaftlichen, aber auch politischen Schwäche haben wir einiges verloren”, sagte der 55-jährige Volkswirt. Dabei hatten sich die Spanier zuletzt äußerst siegessicher gezeigt, da sie offenbar ganz auf die Unterstützung Deutschlands bauten, die Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrem Kollegen Rajoy im Sommer letzten Jahres bei einem informellen Treffen in Galicien zugesichert hatte.Rajoy und De Guindos wucherten damit, dass Spanien als Musterschüler bei der Umsetzung der Konsolidierungs- und Reformpolitik in Europa gilt. In drei Jahren haben die Konservativen das Land vom Rande der Staatspleite auf den Wachstumspfad zurückgeführt, auch wenn noch viele Schwächen vorhanden sind. Guindos konnte die Reformen in der Eurogruppe verkaufen, während Finanzminister Cristóbal Montoro daheim für die unpopulären Kürzungen den Kopf hinhalten musste.De Guindos war Staatssekretär unter Wirtschaftsminister Rodrigo Rato bis 2004. Als Vorsitzender der Spanien-Tochter von Lehman Brothers gewann er danach einen ganz direkten Eindruck der Finanzkrise, bevor ihn Rajoy 2011 ins Kabinett zurückholte. Nach der harten Krisenbewältigung der letzten Jahre zieht es den Madrilenen und Fan von Atlético Madrid zu anderen Aufgaben. Er werde nach den Wahlen im Herbst nicht mehr als Minister zu Verfügung stehen, sagte er vor Wochen. Das war ein taktischer Fehler, da der Vorsitz der Eurogruppe bislang nur ein Teilzeitjob für amtierende Minister ist.Presse und Opposition gingen mit Rajoy daher sehr scharf ins Gericht. Er sei international “irrelevant”, erklärten die Sozialisten. Seine Bemühungen um Posten in Europa seien “zum Scheitern verurteilt aufgrund von mangelndem diplomatischen Geschick und Gespür für die Gelegenheit”, kommentiert die Zeitung “El País”. Doch der Abstieg begann bereits vor Rajoys Amtsantritt. Als Rato 2007 aus nicht weiter geklärten persönlichen Gründen den IWF verließ, schüttelten hierzulande viele den Kopf, da dieser Posten sehr viel diplomatisches Kapital gekostet hatte. Der frühere sozialistische Außenminister Miguel Angel Moratinos scheiterte dann mit der Bewerbung um die Führung der Ernährungsorganisation der UNO.Bei der Neubesetzung der Europäischen Kommission musste sich Miguel Arias Cañete mit dem Ressort für Klimaschutz und Energie zufriedengeben, während der Sozialist Joaquín Almunia zuvor mit dem Rang eines Vizepräsidenten für den Wettbewerb zuständig gewesen war. Vor drei Jahren verlor Spanien auch den Platz im Vorstand der EZB. De Guindos zeigte sich gestern überzeugt davon, dass 2018 ein Landsmann die Nachfolge des Vizepräsidenten Vítor Constâncio antreten wird. Er selbst wird sich nun aber anderswo umschauen müssen.