Macron hält an Reform fest
wü Paris
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron will trotz anhaltendem Widerstand der Bevölkerung an der geplanten Rentenreform festhalten, genau wie an Premierministerin Élisabeth Borne. Das kündigte er Mittwochmittag in einem Fernsehinterview an. Um mit der im Rahmen der geplanten Reform vorgesehenen schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre beginnen zu können, müsse die Rentenreform vor Ende des Jahres in Kraft treten, erklärte Macron. „Zwischen den kurzfristigen Umfragen und dem allgemeinen Interesse des Landes entscheide ich mich für das allgemeine Interesse.“ Wenn es sein müsse, nehme er es auf sich, deshalb unpopulär zu sein, sagte er. Denn es gehe ihm nicht um seine Wiederwahl, die verfassungsrechtlich gar nicht möglich sei.
Noch muss der Verfassungsrat grünes Licht zu dem Gesetzentwurf für die Rentenreform geben. Die Regierung hat den zuvor von einer paritätischen Kommission der beiden Parlamentskammern abgeänderten Text mit Hilfe von Artikel 49.3 der Verfassung ohne Abstimmung der Nationalversammlung beim Conseil Constitutionnel eingereicht, nachdem sie zwei Misstrauensanträge knapp überstanden hatte. Gewerkschaften und Opposition haben für diesen Donnerstag zu einem neuen Protesttag mit Streiks und Kundgebungen aufgerufen. Sie fordern nun auch, dass der Staatsbesuch des britischen Königs Charles III. nächste Woche in Frankreich abgesagt wird.
Das Fernsehinterview Macrons hat sie nicht besänftigt. Im Gegenteil. Gewerkschaftsführer Laurent Berger von der eher gemäßigten CFDT bezichtigte das Staatsoberhaupt, hinsichtlich der Haltung der Gewerkschaft zur Rentenreform gelogen zu haben. Entgegen den Aussagen Macrons habe die CFDT immer versucht, einen Kompromiss zu finden, so Berger. Macron habe Zündstoff zu einem ohnehin zündelnden Feuer gegeben, erklärte Olivier Faure von den Sozialisten. Die Aussagen Macrons seien eine Verhöhnung des Volkes, empörte sich Philippe Martinez von der kommunistischen CGT.
Der Präsident hatte in dem Interview auch erklärt, so bald wie möglich wieder einen Dialog mit den Sozialpartnern aufnehmen zu wollen. Dabei soll es um das Ende der Karriere gehen. Die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer ist in Frankreich im Vergleich zu EU-Nachbarn niedriger. Macron kündigte auch an, die Regierung damit beauftragen zu wollen, einen Vorschlag auszuarbeiten, wie Konzerne dazu verpflichtet werden können, Arbeiter an ihren Rekordgewinnen zu beteiligen. Geplant sei jedoch keine Sondersteuer auf die Rekordgewinne, so Macron. Er sprach zudem Premierministerin Borne sein Vertrauen aus. Sie soll in den nächsten Wochen die Regierungsmehrheit erweitern.