Macron hält an Reformkurs fest
wü Paris – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat in seiner Neujahrsansprache den Ton vorgegeben. Ungeduld könne einen Verzicht auf Reformen nicht rechtfertigen, erklärte er. Die Regierung müsse deshalb mit Reformen weitermachen. Politische Beobachter fragen sich jedoch, wie viel Handlungsspielraum die Gelbwesten-Protestbewegung Macron lassen wird. Sie ist zwar über die Weihnachtsfeiertage abgeflaut, doch die Proteste sollen sich wieder intensivieren. Im ersten Quartal stehen drei Reformvorhaben auf Macrons Programm: So will er die Arbeitslosenversicherung und den Staat umbauen. Er dürfte zudem das Gesetz modernisieren, das seit 1905 die Trennung von Kirche und Staat besiegelt. Nationale DebatteDagegen ist die Verfassungsreform auf die Zeit nach der großen nationalen Debatte verschoben worden, die Macron als Antwort auf die Gelbwesten-Proteste versprochen hat. In der Bürgerdebatte soll es bis zum 1. März um die Themen Steuern, ökologischer Wandel, Demokratie und Staatsbürgerschaft gehen. Bis Anfang April sollen konkrete Entscheidungen folgen. Macron will sich Mitte Januar im Zuge dieser Debatte schriftlich an die Bürger wenden. Sein “Brief an die Franzosen” werde auch in sozialen Netzwerken verbreitet, erklärte der Élysée-Palast am Mittwoch. Die ebenfalls 2019 geplante Reform der Rentenkassen will Macron erst nach den Europawahlen im Mai in Angriff nehmen. Laut einer aktuellen Umfrage von Harris Interactive haben die Franzosen aber nur wenig Vertrauen in die geplanten Reformen. So ist nur knapp ein Drittel der Befragten zuversichtlich, dass die Reform der Arbeitslosenversicherung und der Rentenkassen in die richtige Richtung gehen wird.Die Reform der Arbeitslosenversicherung ist ein wesentlicher Bestandteil des Programms von Macron. Die Regierung verlangt von Gewerkschaften und Arbeitgebern, bei der Arbeitslosenversicherung innerhalb von drei Jahren 3 bis 3,9 Mrd. Euro einzusparen. Im Gegenzug sollen Selbständige und Arbeitnehmer, die selber gekündigt haben, ebenfalls Arbeitslosengeld erhalten. Zudem sollen Arbeitgeber für Arbeitsverträge mit befristeter, kurzer Laufzeit höhere Abgaben zahlen, was diese nicht wollen. Sie plädieren für eine Reduzierung des Arbeitslosengeldes für leitende Angestellte oder eine Reduzierung der Rentenansprüche von Arbeitslosen. Dagegen lehnen die Gewerkschaften eine Kürzung des Arbeitslosengeldes ab.Für Februar dann wird ein Gesetzentwurf erwartet, der den öffentlichen Dienst modernisieren soll. Die Regierung will den öffentlichen Dienst stärker auftragsbezogen organisieren und Pläne für das freiwillige Ausscheiden von Beamten auflegen. Macron hatte im Wahlkampf versprochen, während seiner fünfjährigen Amtszeit 120 000 Beamtenstellen zu streichen und die öffentlichen Ausgaben zu senken. Bei der Reform des Gesetzes zur Trennung von Kirche und Staat geht es um eine von vielen in Frankreich geforderte stärkere Regulierung der muslimischen Religion, aber auch um die Freiheiten und Steuervorteile der großen Religionsgemeinschaften.