Mark Carney verteidigt Reaktion auf Referendum
hip London – Der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, hat das Vorgehen der Zentralbank nach dem Volksentscheid für den EU-Austritt im Juni verteidigt. Die ergriffenen Maßnahmen seien “rechtzeitig, schlüssig und umfassend” gewesen, sagte er gestern vor dem Finanzausschuss des britischen Unterhauses. Das Rezessionsrisiko sei zurückgegangen. Dank der von der Bank ergriffenen Schritte seien die Finanzmärkte durch eine Situation gesegelt, von der die meisten Marktteilnehmer überrascht worden seien. Um mögliche Blasen an den Märkten mache er sich keine Sorgen. Helikoptergeld werde es niemals geben.Die Bank of England hatte Anfang August nicht nur wie erwartet den Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt, sondern auch ein neues Programm zur Förderung der Kreditvergabe aufgelegt. Zudem kündigte sie an, erneut Staatsanleihen (Gilts) zu kaufen und zudem erstmals auch erstklassige Corporate Bonds zu erwerben. Carney sagte gestern, alle Elemente des Pakets könnten bei Bedarf ausgeweitet werden. Die Bank stehe bereit, um alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.Sein Stellvertreter Jon Cunliffe sagte, dass er wohl für eine weitere Zinssenkung stimmen werde, sollte sich die Wirtschaft so entwickeln wie von den Ökonomen der Notenbank vorhergesagt. Die Geldpolitikerin Kristin Forbes räumte zwar ein, dass es Gründe für eine weitere Lockerung geben könnte. Sie sei aber weniger geneigt, entsprechenden Schritten zuzustimmen, sollte die Nachfrage nicht wie erwartet nachgeben oder das Pfund weiter abwerten. Die zum Einsatz gebrachten Werkzeuge der Notenbank hätten ihre Grenzen, fügte sie hinzu. Carney wird von seinen Kritikern vorgeworfen, die Notenbank habe überreagiert, obwohl noch keine belastbaren Daten vorgelegen hätten. Dabei habe die britische Wirtschaft den Brexit-Schock besser verdaut als erwartet. Aus Sicht des ehemaligen Geldpolitikers Charlie Bean, der nun an der London School of Economics unterrichtet, ist es allerdings noch zu früh dafür anzunehmen, die britische Wirtschaft hätte das Votum für den Austritt aus der Staatengemeinschaft bereits abgeschüttelt. Einige der jüngsten Daten seien etwas zu enthusiastisch aufgenommen worden, bemängelte Bean der Nachrichtenagentur Reuters zufolge vor dem Ausschuss.Die britische Produktion stieg im Juli trotz des Ergebnisses der Volksabstimmung um 0,1 %, wie das Statistikamt ONS mitteilte. Volkswirte hatten dagegen im Schnitt mit einem Rückgang um 0,2 % gerechnet. Die Stärke der Rohstoff- und Energiewirtschaft wurde nahezu vollständig von der Schwäche des verarbeitenden Gewerbes aufgewogen, dessen Output um 0,9 % schrumpfte.