FRANKFURT EUROPEAN BANKING CONGRESS

Marktfragmentierung sorgt für Dissens

Deutsche Bank sieht Ursachen in der Regulierung - Die Bundesbank verweist auf strukturelle Faktoren

Marktfragmentierung sorgt für Dissens

bn Frankfurt – Was zersplittert die Märkte, und wie lässt sich die Fragmentierung verringern? Während Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret die Zersplitterung der Finanzmärkte in Euroland vor allem als logische Folge nationaler Haushaltspolitik begreift, weisen Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und Lorenzo Bini Smaghi, bis Ende 2011 Mitglied des EZB-Direktoriums und inzwischen Gastgelehrter der Harvard University, während einer Podiumsdiskussion auf dem European Banking Congress der Regulierung und Politik eine entscheidende Rolle zu.Bini Smaghi vergleicht etwa die Krisenpolitik in den USA und in Europa, wobei die alte Welt nicht sehr gut abschneidet. Die USA hätten zunächst die Banken rekapitalisiert und anschließend einen Stresstest unternommen, nach welchem die Banken die Staatshilfe getilgt hätten, führt er aus. Dies habe eine Kreditklemme vermieden. Europa habe sich für das Gegenteil entschieden. Erst sei die Entscheidung gefallen, für Banken einzustehen. Dann seien Stresstests “in sehr unkoordinierter Weise” gefolgt, welche die Anleger nicht verstanden hätten. Nun schließe sich die Asset Quality Review durch die EZB an, obwohl nicht völlig klar sei, wer Kapital bereitstellen werde, falls eine Bank den Bilanztest nicht bestehe und die erforderlichen Mittel nicht aus eigener Kraft aufbringen könne. Gleichwohl sieht Bini Smaghi im Bilanztest der EZB einen wichtigen Schritt in Richtung Transparenz. Zurück in den HeimatmarktDeutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen stellt derweil die Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften als eine Ursache zersplitterter Märkte heraus. In vielen Fällen lasse sich bei Europas Banken ein Wiederaufleben der Ausrichtung am Heimatmarkt konstatieren, führt er aus. Banken, die ihre Kapitalausstattung aufstocken bzw. schrumpfen müssten, bezögen neben technischen auch geschäftliche Erwägungen in ihr Kalkül mit ein. Dazu gehöre auch die Frage, in welchen Märkten sie nach wie vor eine kritische Masse auf die Waage brächten. In der Folge müssten sich Banken aus verschiedenen Aktivitäten zurückziehen und manche Kundensegmente aufgeben. “Das sollte nicht überraschen”, sagt Fitschen. Der Bankensektor habe seit jeher zu den am meisten fragmentierten Branchen gezählt, von einem einheitlichen Markt in Europa sei man noch weit entfernt. Inzwischen aber hätten Banken ihre Position in der Förderung des globalen Handels aufgegeben oder stünden kurz davor. Einst sei dies ein Markenzeichen europäischer Banken gewesen. Fitschen: “Sie können es sich nicht mehr leisten. Es ist nicht mehr möglich.” Grund sei ein Mangel an Kapital, auch die Bestimmungen der Leverage Ratio trügen dazu bei. Sowohl Bini Smaghi als auch Fitschen sehen dabei nicht zuletzt die nationalen Gesetzgeber und Aufseher in der Pflicht. Mit einer Zersplitterung der Aufsicht sieht sich die Deutsche Bank nicht nur in Europa konfrontiert, sondern auch im globalen Maßstab. So halten die Aufseher in den Vereinigten Staaten ausländische Großbanken dazu an, verstärkt Kapital innerhalb ihres Wirkungsbereichs vorzuhalten. International aktiven Banken droht mit diesem Trend eine Vervielfachung von Kapitalanforderungen.Für Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret hingegen ist Fragmentierung “nicht per se schlecht”. Oft spiegele sie strukturelle Differenzen wider, erklärt er. Die Diagnose einer finanziellen Fragmentierung erfordere ein normatives Urteil dazu, welche Differenzen begründet seien und welche eine Dysfunktion des Marktes signalisierten. Starke Preisdifferenzen für Staatsanleihen dürften ein Indiz für Marktfragmentierung sein. Es sei aber eine sehr schwere Übung, die adäquate Risikoprämie zu bestimmen. Notenbanker sollten nicht versuchen, es besser zu wissen als der Markt, erklärt Dombret.Das Eurosystem könne strukturelle Ursachen einer Marktsegmentierung nicht überwinden, da diese außerhalb ihrer Kontrolle lägen. Zuallererst sei es Aufgabe der Regierungen, vernünftige und dauerhafte Lösungen für die verschiedenen Herausforderungen im Zuge der Staatsschuldenkrise bereitzustellen.Die Bankenunion wird Dombret zufolge “der wichtigste” Integrationsschritt im europäischen Finanzmarkt seit der Euro-Einführung sein. Um eine Abwärtsspirale zwischen Staaten und Banken zu verhindern, sei darüber hinaus aber eine effizientere Finanzmarktregulierung notwendig, erklärte er mit Blick auf die regulatorische Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen in Bankbilanzen.