Matt Hancock für schärfere Corona-Restriktionen

Prominente Brexit-Gegner wie Nicola Sturgeon fordern Verlängerung der Übergangsphase

Matt Hancock für schärfere Corona-Restriktionen

hip London – Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock hat sich in einer Talkshow dafür ausgesprochen, die verschärften Ausgangsbeschränkungen für London und den englischen Südosten noch lange fortzuschreiben. Eine neue Variante des Sars-CoV-2-Virus sei “außer Kontrolle” geraten, sagte Hancock. Um sie in den Griff zu bekommen, brauche man strengere Restriktionen als für die bislang vorherrschende Version des Virus. “Es ist eine enorme Herausforderung, bis wir den Impfstoff verteilt haben, um die Menschen zu schützen”, sagte Hancock. “Damit werden wir in den nächsten paar Monaten konfrontiert sein.”Premierminister Boris Johnson hatte am Wochenende die Weihnachtspläne vieler Briten durch die Rücknahme der von ihm ursprünglich versprochenen großzügigen Lockerungen der Kontaktbeschränkungen zunichtegemacht. Bislang 43 Länder schlossen die Grenzen für Reisende aus Großbritannien. Frankreich verweigerte selbst Lkw die Einreise. Normalerweise sind in der Weihnachtszeit zwischen Dover und Calais 10 000 Lastwagen am Tag unterwegs. Polizei und Regierung greifen zur Regelung der Verkehrsströme auf die Pläne für einen “No Deal”-Brexit zurück. Die Supermarktkette Sainsbury’s warnte, Salat, Brokkoli und Zitrusfrüchte könnten in den kommenden Tagen knapp werden.Prominente Gegner des EU-Austritts wie die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon und der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan (Labour) forderten eine Verlängerung der Brexit-Übergangsphase, die zum Jahresende ausläuft. Verkehrsminister Grant Shapps erklärte, das komme überhaupt nicht in Frage. “Professor Pantsdown”Wie Susan Hopkins, eine Epidemiologin im Dienste von Public Health England, zugab, wurde die neue Variante bereits im Oktober erkannt. Der Test, dem sie entstammte, wurde schon im September durchgeführt. Doch erst in der vergangenen Woche habe man erkannt, dass die neue Variante ansteckender sei. Belastbare wissenschaftliche Daten wurden dazu bislang nicht veröffentlicht. Inzwischen wird aber der für apokalyptische Prognosen bekannte Neil Ferguson wieder als Berater der Regierung geführt. Der umstrittene, aber gut vernetzte Professor vom Imperial College, an dem auch Hopkins lehrt, erhielt den Spitznamen “Professor Pantsdown”, weil er zwar der Allgemeinheit soziale Distanzierung verordnete, selbst aber nicht darauf verzichten wollte, seine Geliebte – eine linke Klimaaktivistin – zu sehen. Wie sich nun herausstellte, zog er sich trotz großer öffentlicher Empörung nicht zurück, wie im Mai von Hancock empfohlen, sondern nahm bereits im Juni wieder an einer Sitzung der New & Emerging Respiratory Virus Threats Advisory Group (Nervtag) teil. Die von Boris Johnson aufgegriffene Aussage, die neue Variante des Virus könnte um bis zu 70 % ansteckender sein als die bislang vorherrschende, stammt von Erik Volz, der ebenfalls am Imperial College lehrt. Das “Bis-zu” ging in der weiteren Debatte ebenso verloren wie das “Könnte”.Unterdessen stellte sich heraus, dass die Zahl der Sars-CoV-2-Infektionen in NHS-Krankenhäusern stark gestiegen ist. Fast einer von vier Infizierten wurde dem “Health Service Journal” zufolge im Krankenhaus angesteckt – ein Drittel mehr als eine Woche zuvor.