May beschwört Einigkeit

Premierministerin pocht auf Souveränität und Erneuerung des "British Dream"

May beschwört Einigkeit

Die britische Premierministerin hat auf ihrer mit Spannung erwarteten Rede auf dem Parteitag der Konservativen in Manchester den “British Dream” bemüht, um die Risse zwischen den Tories zu kitten. Zum Thema Brexit erfuhren die Zuhörer wenig Neues – außer dass der Austrittstermin im März 2019 weiterhin steht. Von Andreas Hippin, LondonDie britische Premierministerin Theresa May musste mehrfach zum Wasserglas greifen, um ihre Rede auf dem Parteitag der Konservativen in Manchester zu Ende zu bringen. Nachdem ihr der Komiker Simon Brodkin ein P45-Formular – die britische Version des “Pink Slip” – mit der Bemerkung überreichte, Außenminister Boris Johnson habe ihn gebeten, ihr die Entlassungspapiere zu überreichen, konnte sie ihren Husten nicht länger unterdrücken. Schatzkanzler Philip Hammond half mit einem Bonbon aus, aber dann versagte die Stimme. Im Gegensatz zu seinen Vorrednern hatte Johnson am Vortag nicht nur die Versammlungshalle gefüllt, sondern auch stürmischen Beifall von den anwesenden Delegierten geerntet. Sowohl er als auch der ebenfalls als Kandidat für die Parteiführung gehandelte Jacob Rees-Mogg hatten sich im Verlauf der Konferenz demonstrativ hinter May gestellt.Die kämpfte dagegen gestern nicht nur mit ihrer Erkältung, sondern hatte auch nicht viel Neues zu sagen – schon gar nicht zum Thema Brexit, zu dem nur in Erfahrung zu bringen war, dass der Austrittstermin im März 2019 noch steht. Manch überzeugter Brexiteer hatte daran schon gezweifelt. “Die Bevölkerung hat entschieden”, sagte sie. “Wir haben ihren Arbeitsauftrag angenommen.” Sie gab zu, dass einige von den Verhandlungen frustriert seien. “Aber wenn wir mit dem richtigen Geist an sie herangehen – im Geiste der Zusammenarbeit und der Freundschaft, den Blick fest auf die Zukunft gerichtet -, bin ich zuversichtlich, dass wir zu einer Übereinkunft finden, die für Großbritannien und auch für Europa funktioniert”, sagte May. Sie strebe “eine neue tiefe und besondere Partnerschaft zwischen einem starken und erfolgreichen Europa und einem souveränen Großbritannien” an, eine Partnerschaft, “die sicherstellt, dass Großbritannien wieder eine souveräne Nation wird, ein Land, das sich fest unter der Kontrolle der britischen Bevölkerung befindet”. Sie wisse, dass manche sich Sorgen machen, ob die Regierung auf ein Scheitern der Verhandlungen vorbereitet sei. Auf Scheitern vorbereitet”Es liegt in unserer Verantwortung als Regierung, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein”, sagte May. “Und lassen Sie mich ihnen allen hier versichern: Das ist genau das, was wir tun.” Zugleich versicherte sie allen EU-Bürgern, die in Großbritannien leben: “Sie sind hier willkommen.” Mangels einer positiven Vision für die Zeit nach dem EU-Austritt beschwor sie den “British Dream”, der wohl darin besteht, dass es die Kinder einmal besser haben sollen. Dieser Traum rücke für viele immer weiter außer Reichweite. Sie kündigte an, die Regierung werde weitere 2 Mrd. Pfund in den Bau erschwinglichen Wohnraums investieren, um die Wohnungsnot zu lindern. Die vor der Wahl versprochenen Preisobergrenzen für Energieversorger sollen eingeführt werden, wofür sie vom Unternehmensverband CBI prompt attackiert wurde. “Wir sind eine Nation von Träumern, die auch dazu in der Lage sind, diese Träume umzusetzen”, sagte May.Lob bekam sie ausgerechnet von Vince Cable. “Das war die Rede einer mutigen Premierministerin, die weiterkämpft, obwohl sich ihre illoyalen Kabinettskollegen offen gegen sie verschwören”, sagte der Parteichef der Liberaldemokraten. Die konservative Kolumnistin Janet Daley wertete Mays Husten dagegen als Metapher für ihren Führungsstil. “Sie ist erledigt”, kommentierte sie im Tory-Leib-und-Magen-Blatt “The Telegraph”.