May signalisiert Abschied vom EWR

Großbritannien könne nicht "an Teilaspekten der EU-Mitgliedschaft festhalten"

May signalisiert Abschied vom EWR

hip London – Die britische Premierministerin Theresa May hat das Pfund mit ihrem ersten Fernsehinterview im neuen Jahr auf Talfahrt geschickt. Großbritannien könne nicht “an Teilaspekten der EU-Mitgliedschaft festhalten”, sagte sie dem Privatsender Sky News. Das wurde an den Finanzmärkten als Signal dafür gewertet, dass das Vereinigte Königreich auch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verlassen wird.”Außerhalb der Europäischen Union werden wir dazu in der Lage sein, die Zuwanderung zu kontrollieren und unsere eigenen Regeln für Menschen aufzustellen, die aus Mitgliedstaaten der EU nach Großbritannien kommen”, sagte sie. “Wir werden, als Teil dieses Brexit-Deals, auch darauf hinarbeiten, das bestmögliche Ergebnis für die Handelsbeziehungen mit der EU zu erreichen.” Wer die Frage der Freizügigkeit im Personenverkehr und den Handel als eine Art Nullsummenspiel betrachte, habe die falsche Herangehensweise. Es handele sich nicht um eine “binäre” Angelegenheit. Ihr Spielraum für Zugeständnisse in Sachen Zuwanderung gilt als äußerst begrenzt. Mittlerweile sprechen sich auch Liberaldemokraten wie der ehemalige britische Wirtschaftsminister Vince Cable für eine Begrenzung der Freizügigkeit im Personenverkehr aus. Führende Labour-Politiker wie Andy Burnham, Yvette Cooper oder Ed Miliband wollen die Zuwanderung aus der EU ebenfalls einschränken. Nicht “verwirrt”May wies die Vorwürfe, die der ehemalige EU-Botschafter Ivan Rogers in seinem Abschiedsschreiben erhob, zurück. Das Denken der Regierung sei nicht “verwirrt”, wie von dem Karrierebeamten unterstellt. Zugleich räumte sie Meinungsverschiedenheiten im Kabinett ein. “Ja, wir haben uns Zeit gelassen”, sagte May. “Ich sagte, dass wir Artikel 50 nicht sofort in Anspruch nehmen sollten. Andere sagten, dass wir das tun sollten.” Sie wies zugleich darauf hin, dass bis zu ihrem Amtsantritt keinerlei Vorbereitungen für den Fall getroffen worden seien, dass sich die Briten beim EU-Referendum im Juni vergangenen Jahres für den Austritt aus der Staatengemeinschaft entscheiden. Es sei für die Regierung wichtig gewesen, sich zuerst einmal die Komplexität der mit dem Brexit verbundenen Fragestellungen anzusehen. May hatte sich im Dezember mit der Äußerung zum Gespött gemacht, das Land sollte “einen rot-weiß-blauen Brexit anstreben” (vgl. BZ vom 7.12.2016).Ein Austritt aus dem EWR könnte länger dauern als der Ausstieg aus der EU. British Influence zufolge verlässt Großbritannien zwei Jahre, nachdem Artikel 50 des Vertrags von Lissabon in Anspruch genommen worden sei, nicht automatisch den gemeinsamen Markt. Dazu sei vielmehr ein Austritt nach Artikel 127 des Abkommens über den EWR erforderlich. Dem müsste aus Sicht der Denkfabrik eine parlamentarische Debatte vorangehen, denn beim Referendum sei über die Mitgliedschaft in der EU entschieden worden, nicht aber über die Teilnahme am EWR. Für das Verlassen des gemeinsamen Markts habe die Regierung kein Mandat.Der ehemaligen Justizministerin May geht es Medienberichten zufolge nicht nur darum, die Höherrangigkeit von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu beenden. Nach dem Austritt aus der EU will sie den Ausstieg Großbritanniens aus der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zum Thema des Wahlkampfs 2020 machen. Dann könnte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg nicht mehr in die britische Rechtsprechung einmischen. Die in der Konvention garantierten Rechte sollen in britisches Recht übertragen werden.