Mehr als ein Handelsvertrag

Das EU-Japan-Abkommen wird als Zeichen gegen Protektionismus gefeiert

Mehr als ein Handelsvertrag

Die EU und Japan haben das größte je von Brüssel vereinbarte Handelsabkommen unterzeichnet. Damit wird ein Handelsraum für über 600 Millionen Menschen geschaffen. Der Vertrag wurde auch in Deutschland als Zeichen gegen Protektionismus gefeiert. Noch keine Einigung gibt es beim Thema Investitionsschutz. ahe Brüssel – Bei einem Gipfeltreffen in Tokio haben die EU und Japan nach gut fünfjährigen Verhandlungen ihr Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unterzeichnet, das eine weitgehende Abschaffung von Zöllen sowie eine Öffnung der Dienstleistungsmärkte vorsieht. Allein an Zöllen geht es um rund 1 Mrd. Euro pro Jahr, die sich europäische Unternehmen sparen. In besonders sensiblen Sektoren wie der Automobilindustrie wurden aber Übergangszeiträume von bis zu sieben Jahren bis zum Wegfall der Zölle gesetzt.Nach Angaben der EU-Kommission werden insbesondere die Agrarausfuhren nach Japan profitieren. Derzeit sind zum Beispiel auf viele Käsesorten noch Zollsätze von 30 % anhängig. Bei den Dienstleistungen profitieren insbesondere die Branchen Finanzen, Online-Handel, Telekommunikation sowie Verkehr. EU-Unternehmen werden künftig zudem Zugang zu den großen Beschaffungsmärkten in den japanischen Großstädten bekommen. Erstmals wurde in einem EU-Freihandelsabkommen auch ein Kapitel zu klein- und mittelständischen Unternehmen aufgenommen, um deren Chancen auf dem japanischen Markt zu erhöhen.Das Abkommen erhielt aber nicht nur deshalb Beifall in Politik und Wirtschaft: Gefeiert wurde der Vertrag nicht zuletzt auch als klares Zeichen gegen Protektionismus und für offene Märkte. Die EU und Japan trügen nun die “Flagge des Freihandels” in der Welt, sagte Japans Ministerpräsident Shinzo Abe bei der Unterzeichnung. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte ebenfalls, es gehe um weitaus mehr als ein bloßes Handelsabkommen. “Wir bringen zum Ausdruck, dass wir an einen offenen, fairen und regelbasierten Handel glauben.” Juncker will in der nächsten Woche nach Washington reisen, um Handelsfragen zu diskutieren. Wie nun bestätigt wurde, ist für den 25. Juli ein Gespräch mit US-Präsident Donald Trump geplant.Japan und die EU stehen gemeinsam für rund ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass die Ausfuhren aus der EU nach Japan durch das neue Abkommen um 16 bis 24 % steigen werden. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), warnte allerdings davor, die wirtschaftlichen Auswirkungen zu überschätzen. Die Handelszölle zwischen der EU und Japan seien bereits sehr gering, und Japan verliere zudem wirtschaftlich an Bedeutung. “Deshalb sollte es in Zukunft das wichtigste Ziel der EU sein, die Handelskonflikte mit China und den USA zu lösen”, betonte Fratzscher.Dem Abkommen müssen nun das EU-Parlament und das japanische Parlament zustimmen. Dann könnte es 2019 in Kraft treten. Noch keine Einigung gab es beim Thema Investitionsschutzstandards und Beilegung von Investitionsschutzstreitigkeiten. Dieser Bereich wird nun extra verhandelt. Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im EU-Parlament, verwies darauf, dass es auch noch Fragezeichen etwa bei den Rechten von Arbeitnehmern gibt. Die japanische Regierung habe erst sechs der acht sogenannten Kernarbeitsnormen der Uno-Arbeitsorganisation ILO unterschrieben.Ergänzend zum Handelsvertrag besiegelten die EU und Japan auch noch ein Abkommen über den Austausch von Daten. Es wurde vereinbart, die Datenschutzsysteme der jeweils anderen Seite als “gleichwertig” anzuerkennen. Damit soll ein sicherer Datenverkehr zwischen beiden Seiten möglich werden, von dem dann auch die Unternehmen profitieren werden.