Mehr Disziplin im Staatsetat nötig

Ohne Gegensteuern dürften die Schulden in den öffentlichen Haushalten nicht dauerhaft tragfähig sein

Mehr Disziplin im Staatsetat nötig

Die Bundesregierung hält es für nötig, in den kommenden Jahren vor allem wachstumsorientierte Ausgaben und Investitionen zu stärken. Die Zeiten von Überschüssen gehören bald dem Ende an, offenbart der Tragfähigkeitsbericht. Der Schuldenstand bleibt ohne Gegensteuern nur noch einige Jahre unter Kontrolle.wf Berlin – Mit Blick auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen soll der Bund einen stärkeren Akzent auf wachstumsorientierte Ausgaben legen. Dies empfiehlt der Bericht zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, der am 11. März dem Bundeskabinett vorliegt. Konkret geht es um die “Ausstattung und Leistungsfähigkeit von Schulen, Kitas und Universitäten ebenso wie (. . .) die Transport-, Kommunikations- und die siedlungsbezogene Infrastruktur”. Eine stark investive Ausrichtung der öffentlichen Budgets kann dem Bericht zufolge die Tragfähigkeitslücke um bis zu 0,2 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts (BIP) senken, heißt es. Hintergrund der Empfehlung ist ein starker anteiliger Anstieg des Sozialbudgets in den vergangenen Jahren, nachdem die Regierung vor allem die Rentenversprechen stetig ausgeweitet hat. In diesem Jahr erreicht der Anteil des Sozialen im Bundeshaushalt rund 51 %. Im Jahr 2000 betrug der Anteil erst 41 % der Gesamtausgaben.Den Tragfähigkeitsbericht legt der Bundesfinanzminister einmal in der Legislaturperiode vor. Zuletzt war dies 2011 und 2016 mit dem dritten und vierten Bericht der Fall. Grundlage bildet ein Forschungsgutachten externer Wissenschaftler. Der Bericht liefert keine Prognose, sondern zeigt auf, wie der Staat handeln muss, damit der Schuldenstand nicht dauerhaft schneller wächst als das BIP. Berechnet werden zwei Basisvarianten – eine eher optimistische und eine eher pessimistische. Zudem wird ermittelt, welche Konsolidierung nötig ist, um das europäische Schuldenstandskriterium von maximal 60 % einzuhalten.Allein mit mehr Investitionen wird der Staat seine Tragfähigkeitslücke jedoch nicht schließen können. Selbst bei einer günstigen Variante ergibt sich ein Anpassungsbedarf von 1,49 % des BIP oder rund 50 Mrd. Euro. Bei der pessimistischen Variante liegt der Anpassungsbedarf bei 4,10 % des BIP oder rund 140 Mrd. Euro. Der Etat des Bundes beläuft sich 2020 auf rund 360 Mrd. Euro. Ende der Überschüsse Die Zeiten hoher Überschüsse in den öffentlichen Haushalten sind dem Bericht zufolge bald vorbei. Der primäre gesamtstaatliche Finanzierungsüberschuss lag 2018 noch bei 2,6 % des BIP. Nach der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung dürfte dieser sukzessive sinken, heißt es im Bericht. In der eher pessimistischen Basisvariante wird aus dem Überschuss schon 2029 ein Primärdefizit. 2060 liegt das primäre Finanzierungsdefizit nach der Vorausschau zwischen 1,5 % und 5,1 % des BIP. Noch schneller drehte der Überschuss bei der Berücksichtigung der Zinsausgaben ins Minus, die im Primärsaldo nicht enthalten sind.Der Schuldenstand wird deutlich später als in vergangenen Berichten wieder steigen (siehe Grafik). Unter günstigen Bedingungen würde der Schuldenstand bis 2055 unter der Marke von 60 % des BIP bleiben, unter ungünstigen Voraussetzungen diesen oberen Grenzwert frühestens 2040 wieder erreichen. Berechnungen der früheren Jahre sahen sehr viel ungünstiger aus. Regierungskreisen zufolge wirken sich die finanzpolitischen Entscheidungen und Entwicklungen sowie die insgesamt verbesserten Rahmenbedingungen der jüngeren Zeit positiv aus. Gleichwohl bleibt die Dynamik hoch, sollte der Staat nicht handeln, um die Tragfähigkeitslücke zu schließen.Die Tragfähigkeit steht auch unter dem Vorbehalt der Zinsentwicklung. Regierungskreise verweisen darauf, dass die Verfasser des Berichts – entgegen der aktuellen Lage – von einem Szenario steigender Zinslast ausgehen. Dies sei als Sicherheitsmarge zu verstehen. Bis 2023 geht die Bundesregierung von einem moderaten Anstieg des Zinses aus. Dies wurde übernommen. Bis 2060, unterstellt der Bericht, wird der Zins sehr langsam, aber stetig weiter steigen und den langjährigen Durchschnittswert von nominal 5 % wieder erreichen.